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Vergabepolitik ist fast ein Blindflug

13-09-2017, 18:10

Österreich rühmt sich gerne seiner Vorreiterrolle in Sachen eGovernment, also im Bereich der elektronischen Verwaltung. Bei den öffentlichen Beschaffungen gibt es aber noch großen Nachholbedarf.

"Es kann doch nicht sein, dass wir im elektronischen Zeitalter noch immer auf Papier-Publikationen zurückgreifen, die niemand liest", sagt Alfred Jöchlinger, Chef des Auftragnehmerkatasters Österreichs (ANKÖ). Die Plattform ist der zentrale Dienstleister, der zwischen Aufträgen der öffentlichen Hand und den dafür geeigneten Bewerbern aus der Wirtschaft vermittelt.

Jöchlinger kritisiert, dass die elektronische Vergabe erst ab Oktober 2018 verpflichtend sein wird (in Portugal beispielsweise bereits seit 2006) – und auch das nur für EU-weite Großaufträge im sogenannten "Oberschwellenbereich" (je nach Auftragsart unterschiedlich hoch).

Insgesamt 61 Mrd. Euro

Die Umstellung von der Zettelwirtschaft auf die digitale Auftragvergabe könnte einen Transparenzschub bringen. Einen vollständigen Überblick über öffentliche Ausschreibungen gibt es bisher nämlich nicht. Johann Bröthaler, Bereichsleiter an der TU Wien, musste aus den Einzelbilanzen der Gebietskörperschaften hochrechnen, wie viel das öffentliche Beschaffungswesen in Österreich ausmacht.

Ergebnis: Es sind insgesamt 60,7 Milliarden Euro oder 18 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Davon entfallen 45,5 Milliarden Euro auf den Sektor Staat, weitere 13 Milliarden auf ausgegliederte Betriebe sowie 2,2 Milliarden Euro auf Fördergeldempfänger wie Krankenanstaltenverbünde, Landesversorger, Flughafen Wien oder OMV.

Dass nur rund 12 Prozent des Gesamtvolumens nachträglich überhaupt bekannt gegeben werden, hat auch die EU-Kommission bereits gerügt. Ganz ohne Daten stehe die Vergabepolitik zwar nicht da, sagt Bröthaler. Es sei aber ein "Blindflug mit einem halben Auge, wo man ein bisschen was sieht."

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