Insider verweisen darauf, dass die Debatte der Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Leitzins-Erhöhung im Mai noch nicht abgeschlossen sei, so fünf mit den Diskussionen vertraute Personen zur Nachrichtenagentur Reuters.
Insider verweisen darauf, dass die Debatte der Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Leitzins-Erhöhung im Mai noch nicht abgeschlossen sei, so fünf mit den Diskussionen vertraute Personen zur Nachrichtenagentur Reuters.
Die EZB hat im Kampf gegen die hartnäckig hohe Inflation seit Juli 2022 die Schlüsselsätze bereits sechs Mal in Folge hochgesetzt - zuletzt im März um 0,50 Prozentpunkte. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt gegenwärtig bei 3 Prozent.
Die Unsicherheit sei nach den Turbulenzen im Bankensektor im vergangenen Monat nach wie vor groß, sagten die Insider. Zudem müssten die bereits erfolgten Zinsanhebungen erst noch ihre volle Wirkung in der Wirtschaft entfalten. Daher sei jetzt weniger nötig, lauteten die Argumente. Zudem nähere sich die Notenbank allmählich auf ihrem Straffungskurs dem Zinsgipfel. Die "letzte Meile" in kleineren Zinsschritten zu gehen sei daher sicherer, zumal mit dem bereits erreichten Zinsniveau das Wirtschaftswachstum gebremst werde. Dies spreche ebenfalls für ein graduelleres Vorgehen. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme dazu ab. Die nächste Zinssitzung ist am 4. Mai.
Den Insidern zufolge halten die Diskussionen aber noch an, zumal bis zur Mai-Sitzung noch wichtige Konjunkturdaten anstünden. Zwei Tage vor der Mai-Sitzung werden für die Eurozone die Inflationsdaten für den Monat April veröffentlicht. Zudem stehen ebenfalls zwei Tage vor dem Treffen die Ergebnisse der jüngsten vierteljährlichen EZB-Umfrage zur Kreditvergabe der Banken an - der sogenannte "Bank Lending Survey" (BLS). Beide spielen eine wichtige Rolle für die geldpolitischen Entscheidungen. Einige Insider merkten an, sie würden es bevorzugen, wenn die EZB keine konkrete Zinsorientierung für die darauffolgende geldpolitische Sitzung im Juni gebe. Dadurch hätten sie freie Hand, auf die im Juni vorliegenden neuen Konjunktur- und Inflationsprognosen der Notenbank-Volkswirte zu reagieren. Auch für das Mai-Treffen hatte die EZB die Datenabhängigkeit jedweder Entscheidung betont.
Bisher haben sich nur wenige EZB-Ratsmitglieder öffentlich zur möglichen Stärke einer Zinserhöhung im Mai geäußert. Der Notenbank-Chef der Niederlande, Klaas Knot, hatte sich zuletzt nicht auf den Umfang eines Zinsschritts festgelegt. Es sei unklar, ob erneut 0,5 Prozentpunkte nötig seien, oder ob bereits zu kleineren Schritten um 0,25 Prozentpunkte übergegangen werden könne, sagte er. Der slowakische Notenbank-Gouverneur Peter Kazimir hatte kürzlich angemerkt, vielleicht sollte die EZB die Zinsen nicht mehr ganz so stark anheben. Österreichs Notenbank-Gouverneur Robert Holzmann dagegen argumentierte mit Blick auf die hohe Inflation für eine weitere Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte im Mai. An den Finanzmärkten wird davon ausgegangen, dass die EZB die Zinsen im Mai und auch im Juni um jeweils 0,25 Prozentpunkte hochsetzt. Bis September wird mit einem weiteren Zinsschritt in diesem Umfang gerechnet.
Den Insidern zufolge sind Zinsanhebungen erforderlich, da nicht nur die Gesamtinflation noch zu hoch sei. Die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert sind, könne sogar noch weitere Monate steigen, sagten sie. Eine Zinserhöhungspause würde daher das falsche Signal senden. Die Gesamtinflation im Euroraum war zwar im März auf 6,9 Prozent gesunken von 8,5 Prozent im Februar. Sie lag damit aber immer noch mehr als drei Mal so hoch wie das Zwei-Prozent-Ziel der EZB. Die Kernrate war im März sogar auf 5,7 Prozent angestiegen nach 5,6 Prozent im Februar.
Frankreichs Notenbank-Chef Francois Villeroy de Galhau wies am Mittwoch in Washington darauf hin, dass die EZB ihren Zinserhöhungskurs dann beenden könne, wenn sich bei der Kerninflation klar eine Wende abzeichne. Aus seiner Sicht hat die Euro-Notenbank bereits den größten Teil der Zinserhöhungen hinter sich. Ein Stück des Wegs stehe möglicherweise aber noch bevor. Die verzögerte Wirkung der bisherigen Anhebungen sei inzwischen bedeutender als die noch ausstehenden künftigen Entscheidungen. Der Präsident der deutschen Bundesbank, Joachim Nagel, sagte am Mittwoch in Washington dem Sender CNBC, die Währungshüter müssten geldpolitisch sicherlich noch mehr gegen die Inflation unternehmen. "Die Kerninflation ist immer noch auf diesem sehr erhöhten Niveau, und ich denke, dass es einige Zeit dauern wird, bis die Kernrate nach unten geht," sagte er. Dies könne vielleicht vor dem Sommer der Fall sein, dennoch werde die Rate in den nächsten Monaten voraussichtlich auf hohem Niveau bleiben.
(APA/Red)