Österreichs Exportfirmen waren zuletzt nicht rasend erfolgsverwöhnt: Seit 2012 hatten die Warenausfuhren nur schwache Zuwächse von ein oder zwei Prozent verzeichnet. Im Seuchenjahr 2016 stand unterm Strich sogar ein Minus von 0,3 Prozent. Jetzt ist die Flaute endlich überwunden: Die Exporte sind von Jänner bis Juni 2017 um 8 Prozent auf 71 Milliarden Euro gewachsen.
"Nach dem schwierigen Exportjahr 2016 ist das besonders erfreulich", kommentiert Michael Otter, neuer Außenwirtschaftschef der Wirtschaftskammer: "Unser Ziel, heuer wieder ein Allzeithoch zu erreichen, ist absolut realistisch."
Foto: /APA Im Detail:
Wichtigste Märkte
70 Prozent seines Außenhandels (Importe und Exporte) wickelt Österreich mit den 27 EU-Staaten ab. Ein Drittel entfällt auf Deutschland, dahinter folgen mit Respektabstand Italien, die USA sowie die Schweiz und Frankreich. China ist der sechstwichtigste Handelspartner mit Platz drei in der Rangliste der Importe und Platz zehn bei den Exporten.
Größtes Exportplus
In absoluten Zahlen stiegen die Ausfuhren nach Deutschland am stärksten, nämlich um 1,3 Milliarden Euro (+6,3 Prozent). Dahinter folgt Frankreich mit 1,2 Milliarden Euro (+48 Prozent) Zuwachs. Auf Platz drei liegen die USA mit 340 Millionen Plus (+7,7 Prozent). Bemerkenswert sind auch die Exportsteigerungen nach Italien um 290 Millionen oder Südkorea um 227 Millionen Euro.
Paris und die Hormone
Der milliardenschwere Exportboom nach Frankreich beruht auf einem skurril klingenden Grund: Hormonlieferungen aus Österreich an die Pharmaindustrie um hunderte Millionen Euro wurden nicht wie sonst im Dezember, sondern im Jänner verbucht. Aber auch Maschinenbau, Automobilbranche oder Luftfahrt verzeichneten satte Zuwächse. "Wir hatten generell einen kräftigen Zuwachs", sagt Christian Schierer, Wirtschaftsdelegierter in Paris. Österreichs Firmen versprechen sich viel von Präsident Macrons Reformen und dem gemeinsamen Wirtschaftsforum, das er in Salzburg versprochen hat.
Liebesgrüße nach Moskau
Die Ausfuhren nach Russland haben um 30 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zugelegt – trotz Sanktionen. "Österreich ist unverändert ein großer Akteur, es gäbe aber noch viel mehr Potenzial", sagt Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellen-Vereinigung. Denn: Im Rekordjahr 2013 (vor den Winterspielen 2014 in Sotschi) hat Österreich schon Waren um 3,5 Mrd. Euro geliefert. Umso bedauerlicher seien die von den USA gegenüber Russland abermals verschärften Sanktionen.
Negativer Saldo
Zieht man von den Exporten die Importe ab, steht unterm Strich bei Österreichs Warenhandelsbilanz traditionell ein Defizit. Das hat sich im Halbjahr auf 2,2 Milliarden Euro vergrößert, weil die Importe um 8,7 Prozent gestiegen sind. Ein Grund ist der starke private Konsum: Konsumgüter kommen eher aus dem Ausland. Auch Energieimporte wirken sich aus. So spielt es eine Rolle, ob Österreichs Gasspeicher vor oder nach dem Jahreswechsel aufgefüllt wurden.
Handelsbilanz
Das größte Defizit verzeichnet Österreich gegenüber Deutschland (–5 Mrd. Euro), gefolgt von China (–2,2 Mrd. Euro). Den größten Überschuss gibt es mit Frankreich (1,9 Mrd. Euro) vor den USA (1,2 Mrd.) und Großbritannien (800 Mio.)
Größter Rückgang
Apropos Briten: Der Brexit hinterlässt bereits Bremsspuren: Die Exporte sind um mehr als 3 Prozent, die Importe sogar um gut 12 Prozent zurückgegangen.
Exoten
Recht überschaubar war unterdessen der bisherige Handel mit dem südpazifischen Atoll Tokelau: Österreich hat Anfang des Jahres "bearbeitete Waren" um 1000 Euro importiert - was das genau war, verliert sich im Nebel der Statistik. Die 1500-Einwohner-Insel ist jedenfalls vor allem durch ihre Internetendung (.tk) bekannt.
Ausblick
Ein Grund für das Anziehen der Exporte war der wiedererstarkte Welthandel, sagt Helmenstein. Er erwartet für das zweite Halbjahr etwas bremsende Effekte in den außereuropäischen Märkten: Da wirke sich nun die Aufwertung des Euro negativ aus.
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