Kann ein Land zu erfolgreich sein? Nein, sagt der Hausverstand. Und genau so sehen das die Deutschen, wenn ihre exorbitanten Exportüberschüsse kritisiert werden. Nun mag man zwar an der Kompetenz von US-Präsident Trump zweifeln. Aber auch die EU-Kommission, der Währungsfonds, die OECD, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und unzählige Ökonomen sehen die deutsche Exportfixiertheit als ein Problem an.
Das erinnert schon etwas an den Autofahrer-Kalauer: "Was heißt da ein Geisterfahrer? Tausende!" Drei unangenehme Fragen müssen sich unsere Nachbarn wohl oder übel gefallen lassen:
1. Was soll man da machen, deutsche Produkte sind halt weltweit so begehrt, argumentiert Finanzminister Wolfgang Schäuble häufig. Stimmt: "Made in Germany" galt einmal als Gütesiegel. Angesichts von Abgasaffäre, Auto-Kartellverdacht und den Affären der Deutschen Bank stellt sich jetzt aber eher die Frage: Wie viel von den Erfolgen wurde mit unlauteren Mitteln erschwindelt?
2. Die deutsche Politik hat schmerzhafte Reformen umgesetzt, deshalb ist die Wirtschaft so leistungsfähig geworden? Schon, aber der Hauptgrund ist, dass die Löhne über viele Jahre praktisch nicht gestiegen sind. Das muss die deutsche Bevölkerung selbst beantworten: Ist es auf Dauer fair und gerecht, wenn zwar die Gewinne und Aktienkurse steigen, bei den Arbeitnehmern aber wenig bis nichts ankommt?
3. Es ist absurd, wenn die Deutschen ihre Überschüsse gegenüber dem Ausland hartnäckig verteidigen und im selben Atemzug kritisieren, wenn andere Länder Defizite (und in der Folge Schulden) machen: Das sind zwei Seiten derselben Medaille. Und wenn ein Käufer am Ende nicht zahlen kann, waren die Exporte ohnehin verschenkt. Ist es also wirklich so schlau, unbegrenzt auf Pump ins Ausland zu liefern? Oder sollte nicht auch mehr Geld in die eigene Infrastruktur (und somit das künftige Wachstum) investiert werden? Was, das nur ganz nebenbei, die Zerreißprobe zwischen schwachen und starken Euroländern entspannen würde.