Wer auf der Westautobahn fährt, sieht neuerdings auf Höhe Asten/St. Florian ein silbernes Oval: Backaldrin hat hier ein "Paneum" gebaut. Verheißungsvoller Untertitel: "Wunderkammer des Brotes". Das von Coop Himmelb(l)au errichtete, spektakuläre Gebäude wird Anfang Oktober eröffnet.
Backaldrin-Chef Peter Augendopler stellt hier seine Kunst- und Gebrauchsobjekte rund um das Thema Getreide, Brot und Backen aus, die er seit Jahrzehnten sammelt. Nach Bäcker-Tradition kleidet er sich weiß. Hier in der Firma streife man ja immer wieder an Mehl an, erklärt er. Seine Firma hat der gelernte Bäckermeister 1964 gemeinsam mit den Eltern gegründet. Sie ist als "Kornspitz"-Erfinderin bekannt geworden, entwickelt und verkauft Backmittel, Sauerteige sowie Backgrundstoffe und ist mittlerweile in mehr als 100 Ländern mit insgesamt 870 Mitarbeitern vertreten.
Durch die Firmenzentrale in Asten zieht der Duft von frischem Brot. In zehn Versuchsbackstuben wird getestet, um Auftraggebern aus aller Welt die perfekte Brot-Mischung zu liefern. Mehle werden im Labor begutachtet, Neues entwickelt. Da geht es um Trends wie den weiter wachsenden Snack-Bereich oder die Wiederentdeckung alter Getreidesorten.
Das Geschäft ist serviceintensiv: 75 bis 80 Bäcker sind weltweit unterwegs, um Backaldrin-Produkte vorzuführen und Mitarbeiter vor Ort zu schulen. Was die Qualität des Getreides betrifft, gehöre Österreich zu den besten Ländern der Welt, schwärmt Augendopler beim Rundgang mit dem KURIER durch die Firma.
Um öffentlichkeitswirksame Aktionen war er nie verlegen: So buk er 2005 eine "Benedikt-Breze", die dem Papst feierlich übergeben wurde. Einen Markenstreit um das Vorzeigeprodukt des Hauses, den Kornspitz, hat Backaldrin 2015 aber verloren. Alle Backbetriebe dürfen diese Bezeichnung verwenden.
Foto: KURIER/Jeff Mangione
KURIER: Was wünschen Sie sich von der neuen Regierung?
Peter Augendopler: Mehr Verständnis für Wirtschaft. Das ist in der österreichischen Gesellschaft kein Thema – und das war auch schon in der Monarchie so.
Woran liegt’s?
Vielleicht, weil es nie wirklich große, vorbildliche Unternehmerfamilien gab wie in Deutschland. Und wir lernen zu wenig darüber in der Schule.
Deutschland als Vorbild?
Ja, oder die Schweiz. Es geht ja nicht darum, dem Unternehmer Gutes zu tun, sondern Bedingungen zu schaffen, die es den Leuten leicht machen, zu investieren, Freude am Geschäft zu haben, zu exportieren. Auch Rechtssicherheit ist wichtig. Ich bin gegen Förderungen und möchte nicht gefördert werden, das ist ja entwürdigend. Ich kann auch mit 25 Prozent Körperschaftssteuer leben. Ich würde nie woanders hingehen, nur weil die dort fünf Prozent niedrigere Steuern haben.
Die Einkommensbesteuerung stört Sie nicht?
Mich stören nicht die 50 Prozent, die ich zahle, sondern mich stört der hohe Eingangssteuersatz, der jetzt immerhin etwas reduziert wurde. Ich habe für alles Verständnis, wenn mit dem Geld sorgfältig umgegangen wird. Aber den Eindruck habe ich nicht. Österreich ist das beste Land der Welt – aber wir haben nicht den besten Staat. Wir haben eine Super-Bevölkerung: ordentlich, bescheiden, fleißig.
Sie haben noch vor Trump eine Produktion in Mexiko gestartet. Ist es schwieriger geworden, den US-Markt zu beliefern?
Die USA sind nicht unser Haupt-Zielmarkt, sondern Mexiko, Mittelamerika und Südamerika. In den USA gibt es ganz andere Verzehrgewohnheiten. In China und den USA will man nicht kauen, hier bevorzugt man weiche Produkte, die man mit den Fingern essen kann.
Was bedeuten die Krisen im arabischen Raum für Ihre Firma?
Syrien, Jemen, Irak waren drei unserer fünf besten Länder im Nahen und Mittleren Osten. Dort machen wir keinen Euro Umsatz mehr.
Wie schaut es mit Russland aus?
Brot hat in Russland einen noch höheren Stellenwert als bei uns, weil die Leute jahrhundertelang sehr arm waren. Die Konsumenten sind bereit, Neues auszuprobieren.
Und die Sanktionen?
Unsere Produkte, die zum Beispiel Magermilch enthalten, waren plötzlich gesperrt. Zuerst änderten wir alle Rezepturen, und dann haben wir vorübergehend von Jordanien aus für Russland produziert. Jetzt liefern wir wieder alles aus Österreich. Durch den Rubelkursverfall sind unsere Produkte aber zu teuer geworden. Daher werden wir ab Oktober in Russland produzieren.
Alle klagen über die Schwierigkeit, Personal in Österreich zu finden. Sie auch?
Bis vor vier bis fünf Jahren hatten wir jährlich 20 bis 30 Bewerber für die Bäcker- und Konditorlehre, ohne dass wir suchen mussten. Das ist etwas dünner geworden. Ich hätte gerne mehr Bewerber. Aber hier sind wir eh noch gut dran. In Linz Land ist die Welt noch in Ordnung. Die jungen Leute wollen halt länger in die Schule gehen, an Bäckerei denken nicht so viele.
Nehmen Sie Flüchtlinge?
Würde sich jemand melden, der passt, würden wir ihn nehmen. Wir beschäftigen Leute aus 52 Nationen.
Wie geht’s Ihrer Firma mit der Bürokratie?
Wir haben in Österreich die besten Beamten, aber es sind zu viele. Ich halte es nicht für möglich, dass sich die Bürokratie selbst entsorgt. Backaldrin wird mit allem fertig. Das eigentliche Problem hat der kleine und mittlere Familienbetrieb, der mit Unnötigem gequält wird. Deshalb wollen dann auch die Kinder nicht mehr übernehmen und geben den Betrieb auf. Aber wovon lebt unsere Gesellschaft? Von vielen kleinen selbstständigen Existenzen, die Arbeitsplätze und Infrastruktur sichern. Der kleine Bäcker im Dorf ist auch Lebensqualität.
Was halten Sie denn vom Wahlslogan: „Ich hole mir, was mit zusteht“?
Das entspricht nicht der Haltung der Österreicher. Nirgendwo gibt es mehr Ehrenamtliche. Wir sind „Geber“ und keine „Nehmer“.