Acht Prozent der Lehrlinge müssen Tätigkeiten verrichten, die nicht zur Ausbildung gehören – wie etwa Wurstsemmeln holen. Ein Fünftel würde weder Betrieb noch Beruf noch einmal wählen, für 13 Prozent ist die Lehrstelle eine Notlösung. Das sind Ergebnisse des zweiten Österreichischen Lehrlingsmonitors. Und diese unterscheiden sich kaum vom ersten Lehrlingsmonitor, der vor zwei Jahren erhoben wurde. Der Anteil der unzufriedenen Lehrlinge ist damit nach wie vor hoch.
Arbeiterkammer und Gewerkschaft gehen wegen der Ergebnisse mit der Bundesregierung hart ins Gericht. Die geplante Imagekampagne für die Lehre werde nicht reichen, meint Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske. Man müsse die Ausbildungsqualität verbessern. Aus der Praxis hört man zum Beispiel, dass Malerlehrlinge als "lebende Aufzüge" eingesetzt werden und den ganzen Tag nur Farbkübeln die Stiegen hinaufschleppen. Damit werde der Lehrauftrag nicht erfüllt.
Kaske will auch die Betriebe mehr in die Pflicht nehmen. "Man kann nicht immer nur über den Fachkräftemangel jammern, man muss auch etwas zur Verbesserung der Situation beitragen." Die überbetriebliche Lehrlingsausbildung werde im Zuge der Kürzung des AMS-Budgets zurückgefahren. Da die Zahl der Lehrbetriebe zwischen 2007 und 2017 um 11.000 gesunken sei, stelle sich die Frage, wo Lehrlinge künftig ihre Ausbildung machen sollen.
Für ÖGB-Chef Erich Foglar ist die geplante Abschaffung des Jugendvertrauensrats – was einem Betriebsrat für Lehrlinge gleichkommt – demokratiepolitisch bedenklich. Das dualen System – Praxis in der Lehre und Theorie in der Berufsschule – trage zu Österreichs Wettbewerbsfähigkeit bei und sei daher zu stärken. "Den Fachkräftemangel durch Zustrom aus anderen Ländern zu beseitigen, ist der falsche Weg", so Foglar.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck will die Kritik nicht stehen lassen: "Ich lasse nicht zu, dass unsere Lehrlinge und die vielen engagierten Betriebe schlechtgemacht werden." Seitens des Ministeriums könne man die Zahlen nicht nachvollziehen. In bestimmten Fällen müsse überbetriebliches Angebot geschaffen werden, in Phasen der Hochkonjunktur sei aber eher die Vermittlung zum Betrieb wichtig.
Alfred Freundlinger, Bildungsexperte der WKÖ, sieht die duale Ausbildung gar im Aufwind. Die Zahl der Lehrlinge im ersten Lehrjahr sei in den ersten Monaten 2018 um vier Prozent gestiegen.