Der Zeitplan ist ambitioniert. Das Bundesheer muss seine Hubschrauber-Flotte bis 2020 erneuern. 22 Helikopter vom französischen Typ Alouette III und zehn vom Typ Bell OH-58 Kiowa gehören mit einer Lebensdauer zwischen 40 und 50 Jahren zum alten Eisen. Bis Ende des Jahres soll daher geklärt werden, ob das Heer neue Hubschrauber bei den bekannten Herstellern kauft oder ob ein eigener "Heereskopter" in Österreich entwickelt und gefertigt werden kann.
Den Anstoß dafür gab Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil. Er möchte doppelt punkten. Durch die Anschaffung eines "österreichischen Helikopters" soll die Wertschöpfung im Land bleiben und zugleich sollen Arbeitsplätze geschaffen werden.
Foto: KURIER/Gilbert Novy "Man muss in einer ersten Phase abklären, ob man über einen Wirtschafts-Cluster ein solches Projekt in Angriff nehmen kann und die Firmen auch dazu bereit sind", sagt Doskozil zum KURIER. "Wir wollen diesen Schritt gehen und es jedenfalls versuchen." Das Risiko, dass es vielleicht nicht gelingt, müsse man in Kauf nehmen.
Vor Kurzem gab es einen ersten "Hubschrauber-Gipfel" mit Vertretern des Verteidigungsministeriums, 20 heimischen Hightech-Firmen und Experten der Technische Universität (TU) Wien. Eine weitere Gesprächsrunde wird derzeit vorbereitet.
"Grundsätzlich ist das Know-how in Österreich vorhanden. Es ist aber auf verschiedene Unternehmen verteilt", sagt Reinhard Marak von der Arbeitsgemeinschaft Sicherheit und Wirtschaft in der WKÖ. "Wir haben den Eindruck, dass ein solches Projekt theoretisch möglich ist, wenn genügend Nachfrage und ein entsprechendes Investment vorhanden ist."
Laut Doskozil soll der künftige Hubschrauber für Rettungs- und Katastropheneinsätze und Truppentransporte sowie in einer bewaffneten Version für Einsätze des Jagdkommandos genutzt werden. Dem Vernehmen nach soll dieser Helikopter - neben zwei Piloten - vier Passagiere transportieren können, eine Seilwinde haben sowie über Wärmebild-, Nachtsicht- und Infrarotkamerasysteme (FLIR) verfügen.
Fakt ist: Für die Entwicklung eines Hubschraubers benötigt ein Unternehmen, wie ein Schweizer Beispiel zeigt, etwa 15 Jahre bis zur Serienreife, und 100 Millionen Euro für den Maschinenpark und die Fertigung.
Zwei Firmen-Namen hat der Minister auf den Lippen: Die burgenländische Hightech-Firma Zoerkler mit Sitz in Jois am Neusiedlersee und die Wiener Neustädter Diamond Aircraft. Die Burgenländer stellen mit rund 90 Mitarbeitern Antriebssysteme (Antriebswellen, Haupt- und Heckrotorgetriebe) für Hubschrauber her und verfügen über einen hoch entwickelten Getriebeprüfstand. Zoerkler liefert das ausgetüftelte Antriebssystem für den modernen russischen Mittelklasse-Hubschrauber Kamow Ka-62.
"Wir machen nur zivile Aufträge, das Know-how und die Kompetenz sind aber vorhanden", sagt Zoerkler-Geschäftsführer und Co-Eigentümer Bernhard Wagner im Gespräch mit dem KURIER. "Das Projekt würde funktionieren, wenn die Firmen die nötigen Kapazitäten und der Auftraggeber das nötige Entwicklungsbudget zur Verfügung stellen." Beim Militär müssen aber auch Sonderwünsche erfüllt werden, sagt der Experte, die sind heikler als im zivilen Bereich. Jede Komponente müsse auch entsprechend getestet werden. Doskozil schwebt für die Entwicklung des Helis eher ein Zeithorizont von vier, fünf Jahren vor. Zoerkler-Chef Wagner: "Mit einem hohen finanziellen Aufwand und einer genauen Abstimmung mit den Behörden wäre das theoretisch im besten Fall möglich." Die finanzielle Anforderung in Höhe von zumindest rund 100 Millionen Euro für eine Hubschrauber-Produktion hält der Techniker für plausibel.
Laut Insidern soll vor allem die Firma Diamond Aircraft, die Ultra-Light-Flugzeuge herstellt, Doskozils Idee viel abgewinnen können. Der Flugzeugbauer um Gründer Christian Dries tüftelt seit längerem an einem leichten Helikopter, Dart 280 genannt, der in 14 Monaten seinen Jungfernflug absolvieren soll. Ein Jahr später soll die Zertifizierung bei den Luftfahrtbehörden erfolgen. Die Firma Austro Engine, die ebenso zum Dries-Reich gehört, hat mit dem AE 440 einen Dieselmotor für Hubschrauber entwickelt.
Zuletzt hat der KURIER über Flugunfälle mit Diamond-Fliegern berichtet, die mit Thielert-Motoren ausgestattet waren.