Wenn in der kommenden Woche der Internationale Auto-Salon in Genf über die Bühne geht, dann wird neben neuen Modellen auch die Zukunft des Diesels ein großes Thema sein. Denn nach dem Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts, wonach Städte Fahrverbote verhängen können, scheint er zum Auslaufmodell zu werden. Besitzer von Dieselautos sind jedenfalls verunsichert. Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.
Schon im April will Hamburg beginnen, alle Dieselautos, die nicht der neuesten Abgasnorm Euro 6 entsprechen, von ausgewählten Straßenzügen zu verbannen. Im Laufe des Jahres dürften in weiteren Städten ähnliche Fahrverbote (mit Ausnahmen für Anrainer, Handwerker oder Fahrzeuge der Gemeinde) folgen. Voraussetzung ist, dass die Feinstaub- und Stickstoffoxidbelastung zu hoch ist und keine anderen Maßnahmen mehr möglich sind.
Zu Fahrverboten wird es in Österreich nicht kommen. Das hat die Bundesregierung zugesagt. Rechtlich haben aber hierzulande ohnehin die Städte und Gemeinden das Sagen. Doch auch die verantwortlichen Politiker in Wien oder Graz haben bereits abgewunken. Steuererhöhungen auf den Dieselkraftstoff wird es ebenfalls nicht geben.
Neue Dieselautos dürften billiger werden, die Nachfrage geht auch in Österreich bereits spürbar zurück. Noch mehr scheppern könnte es bei Gebrauchtwagen. Laut Fahrzeug-Dienstleister Eurotax sank der Wiederverkaufswert von Dieselautos mit Erstzulassungsjahr 2013 bis 2015 seit Beginn des VW-Skandals im Herbst 2015 um rund 7,5 Prozent. Fast die Hälfte des Wertverlustes fand seit August statt, als die Diskussion um Fahrverbote in Deutschland begann (siehe Grafik). "In den nächsten Wochen dürften die Preise für gebrauchte Diesel kräftig in den Keller gehen", sagt der deutsche Experte Ferdinand Dudenhöffer.
Hier gehen die Meinungen auseinander. Während Dudenhöffer von einem Verkauf jetzt abrät, meint Günter Kerle, Sprecher der österreichischen Automobil-Importeure, dass es besser wäre, sich bald von Autos der älteren Abgasklassen (bis einschließlich Euro 5, Zulassungen ab 2015) zu trennen. Euro-6-Autos sollten aber vom Preisverfall nicht erfasst sein. Wer sich ein neues Auto anschaffen möchte, der sollte als Viel- oder SUV-Fahrer weiterhin zum Diesel greifen, da er ökonomischer sei.
Euro 6 ist nicht gleich Euro 6. Seit September des Vorjahres gilt für neue Modelltypen die Stufe "Euro 6d Temp", ab September 2018 betrifft sie alle Neufahrzeuge. Die nächste Verschärfung tritt ab September 2019 in Kraft und bald darauf die nächste Stufe (ab 1. 1. 2020). Euro-6d-Modelle müssen strengere Tests unter Realbedingungen bestehen, auch auf der Straße. Eine Nachrüstung älterer Modelle auf Euro 6 ist teilweise baulich nicht möglich bzw. kostet mindestens 1500 Euro je Fahrzeug. Laut Spiegel könnten die deutschen Fahrverbote sogar ältere Euro-6-Fahrzeuge betreffen, da auch sie noch zu viel Schadstoffe ausstoßen. Ausgenommen wäre nur die jüngste Stufe 6d.
Sie umfasst Oxidations-Kat, Partikelfilter und für die Bekämpfung der Stickoxide Denox-Speicherkat sowie die vom Lkw her bekannte selektive katalytische Entstickung SCR mit dem Reduktionsmittel Adblue.
Kaufen Sie lieber kein Haus in der Nähe einer Autobahn. "Denn je näher Sie an einer stark befahrenen Straße wohnen, desto höher ist ihr Risiko, krank zu werden", sagt Oberarzt Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner an der MedUni Wien. "Langfristig sind es nachweislich Krebserkrankungen der Lunge, die ihre Ursache in Dieselabgasen haben." Weitere Folgen: "Bei Kindern verzögert sich das Lungenwachstum, aber auch die geistige Leistungsfähigkeit wird durch Rußpartikel beeinträchtigt. Bei Erwachsenen wirken sich die Dieselabgase auch auf die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus – je mehr ein Mensch davon einatmet, desto höher die Sterblichkeit." Schuld ist ein komplexes Gemisch aus Partikeln, deren Größe im Nanometerbereich liegt, und der Stickstoffoxidausstoß: "An diesen Partikeln hängen gesundheitsschädliche Chemikalien."
Ziel der EU-Kommission ist bis 2021 ein Flottendurchschnitt je Hersteller von 95 Gramm CO2-Ausstoß. Benziner verbrauchen nicht nur mehr, sondern stoßen auch 15 Prozent mehr CO2 aus. Werden zu wenig Diesel verkauft, dann steigt die Gefahr von Strafzahlungen wegen des hohen CO2-Ausstoßes der Flotte. Laut Umweltbundesamt ist der reale CO2-Verbrauch beider Motoren aber ohnehin de facto gleich hoch. Für den VCÖ liegt die Lösung des CO2-Problems in leichteren Autos, also weniger SUV, sowie im Ausbau der E-Mobilität.
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