Eisiger Wind pfeift und weht den Schnee in die Gesichter der wenigen Menschen, die sich schnell zwischen den Häusern bewegen. Nur ein Mann hält tapfer die Stellung. Hakan Korkmaz trägt eine Mütze am Kopf und darüber eine Kapuze. Sein Kinn versteckt er unter der Jacke. "Ich packe jetzt aber auch zusammen", sagt er und tritt dabei von einem Fuß auf den anderen. Seit Oktober steht er mit seinem Coffee-Bike vor dem See und versorgt die insgesamt 7000 Bewohner und Büroangestellten des Viertel Zwei mit Kaffee. "Es hat mich selbst gewundert, dass das hier so gut angenommen wird, schließlich gibt es in jedem Stockwerk auch eine Kaffeemaschine", erzählt er und wird prompt von einer vorbeigehenden Frau unterbrochen. "Mit deinem Kaffee können die aber nicht mithalten", ruft sie, ohne stehen zu bleiben. Darüber freut sich der Barista und für eine Sekunde vergisst er, wie kalt ihm ist. "Ich habe daheim eine Strichliste und zähle die Tage, bis es endlich warm wird", sagt er. Denn dann steige natürlich auch sein Umsatz.
Foto: /Julia Beirer
Neben dem Coffee-Bike stehen derzeit zweimal pro Woche auch Foodtrucks bereit. Die Wrapstars kochen jeden Mittwoch und Rita bringt’s ist jeden Donnerstag vor Ort. "Das Angebot wird in den warmen Monaten auf die gesamte Woche ausgeweitet", erklärt Anna Spindler, Mitarbeiterin der IC Development GmbH. Das Unternehmen hat das Viertel Zwei, das rund 170.000 für Wohn- Arbeitsfläche umfasst, geplant und umgesetzt. "In diesem Projekt steckt sehr viel Herzblut", sagt Sabine Müller, Managing Director des Unternehmens.
Begonnen hat alles 2002 mit der Erweiterung der U-Bahn. Dadurch sind die Außengebiete des zweiten Bezirks näher an den ersten Bezirk herangeholt worden. "2004 haben wir dann begonnen, uns mit dem Grundstück zu befassen und 2006 sind wir selbst hierher gezogen", erzählt Müller. Das Bürogebäude, das zuerst nur als vorübergehende Bauhütte dienen sollte, liegt mitten im Viertel Zwei, direkt am See.
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"Das alte Ziegelsteinhaus hat uns dann aber so gut gefallen, dass wir hier geblieben sind", sagt sie. Es sei die Mischung aus alter und moderner Architektur, die das Viertel Zwei besonders macht. "Entlang der alten Trabrennbahn haben wir die Tribünen am einen Ende und die Stallungen am anderen Ende des Viertel Zwei. Beide Bauten sind denkmalgeschützt und befinden sich leider in sehr schlechtem Zustand", erzählt Müller. Eine Neuverwendung der Stallungen sei aber bereits geplant. Nach dem Motto, nur ein genutztes Denkmal ist ein gutes Denkmal, soll eine Art Dorfplatz entstehen. Wie genau das aussehen wird, ist aber noch unklar.
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Auf der gegenüberliegenden Seite stehen neben den Tribünen insgesamt sieben runde Wohnhäuser, die sogenannten Rondos. Auf dem Weg dorthin sind einige Eltern zu sehen. Sie haben ihre Kinder aus einem der insgesamt drei Kindergärten im Viertel Zwei abgeholt und warten nun geduldig, bis die Kleinen genug vom Spielen im Schnee haben. So auch Sabine. Sie arbeitet im Büroturm Hoch Zwei.
Foto: /Julia Beirer "Der Kindergarten hier ist sehr praktisch und die Buben gehen auch gern hin", sagt sie während sie an jedem Arm einen der beiden Zwillinge in hellgrünen Skianzügen hält. Einige Meter weiter spielt Philipp mit seiner Tochter im Schnee. "Wir wohnen in einem Rondo und fühlen uns sehr wohl. Schneemänner bauen kann man schließlich nicht überall", sagt er lachend.
Bei den Rondos angekommen, sind neben vereinzelten Bewohnern auch einige Handwerker zu sehen. Sie tragen Leitern, Bohrmaschinen und Werkzeugkoffer in die Häuser. Insgesamt 200 Eigentumswohnungen zwischen 60 und 150 , werden derzeit bezogen. Die Handwerker beheben noch die letzten Mängel, worauf eine Mutter von zwei Mädchen in pinken Skianzügen genervt reagiert. "Momentan sind wir sehr unzufrieden", schimpft sie, bevor sie schnell im warmen Hauseingang verschwindet.
Zwischen den Rondos und den Bürogebäuden neben der U-Bahnstation Krieau befindet sich ein Luxus-Studentenwohnheim und zwei weitere Bürogebäude. Die Fenster reichen bis zum Boden. Im Inneren der Räume sitzen Studenten über ihren Büchern und Angestellte vor den Bildschirmen. Um ungestört arbeiten zu können, haben sie die Jalousien weit nach unten gezogen.
Foto: /Julia Beirer Nur in ein Erdgeschoß der Denk-Drei-Bürohäuser kann ohne Sichtschutz geblickt werden. Darin powern sich gerade Crossfit-Sportler aus. "Es kommen sehr viele Leute, die hier arbeiten und wohnen", erzählt Maximilian Urak, Inhaber des Crossfit im Viertel Zwei. Der Sport zieht aber auch Bewohner aus anderen Teilen des Bezirks ins Viertel Zwei. "Hier entwickelt sich momentan sehr viel. Es sind auch Lebensmittelgeschäfte und Fitnesscenter in Planung", weiß der Sportler.
Alle Bauten im Viertel Zwei sind von Architekten designt, die Wettbewerbe gewonnen haben. Die Entwürfe von Martin Kohlbauer konnten gleich dreimal überzeugen. Seine Bürohäuser Plus Zwei und Biz Zwei sind bereits 2009 fertiggestellt worden. Das Korso wird voraussichtlich 2020 bezogen. In seinen Entwürfe schenkt er dem See besondere Aufmerksamkeit. "Die Balkone bieten eine schöne Aussicht auf das Wasser und auch die Menschen in der gegenüberliegenden Vorgartenstraße können ins Viertel Zwei blicken. Sie sind somit nicht ausgeschlossen", sagt Kohlbauer.
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