Noch ist der norwegische Sportartikelhändler XXL-Sports in Österreich in der Aufwärmphase. Das neue Büro in Wien wird bezogen, der Start in der Shopping City Süd für 29. August vorbereitet. Danach geht es Schlag auf Schlag. Die zweite Filiale eröffnet im Donauzentrum, die dritte im Frühjahr in der Plus City bei Linz. Angepeilt sind bis zu 15 Standorte binnen fünf Jahren. Wien soll eine besondere Rolle bekommen – von hier aus wollen die Skandinavier ein Filialnetz in Deutschland und der Schweiz hochziehen.
Die Konkurrenz schläft nicht. Die Manager des französischen Diskonters Decathlon haben Österreich ebenso im Visier wie der britische Sportmodehändler JD Sports und die Schweizer Deichmann-Tochter Ochsner Sport. Und das, obwohl es in Relation zur Einwohnerzahl schon jetzt nirgends in Europa so viele Sportgeschäfte gibt wie hierzulande.
Was Österreich interessant macht, sind die rekordverdächtig hohen Ausgaben für Sportartikel. 320 Euro pro Kopf und Jahr betragen sie laut Statistik. Sie fallen also doppelt so hoch aus wie in Deutschland. Nur die Norweger geben laut Statistik noch mehr aus. Dass ein Teil der hohen Pro-Kopf-Ausgaben in Österreich von Touristen kommt, ist nebensächlich. Händler wittern das große Geld – nicht zuletzt, weil der britische Diskonter Sports Direct mit seiner Übernahme der einstigen Marktgröße Eybl wenig erfolgreich war.
Letzteres ist mit ein Grund, warum XXL (mehr als 60 Standorte in Skandinavien) jetzt nach Österreich kommt. "Wir wollen uns ein Stück des alten Eybl-Umsatzkuchens holen", sagt Österreich-Chef Patrick Verwilligen. Der 28-jährige Tiroler hat gerade 85 Verkaufsmitarbeiter in einen Flieger nach Oslo gesetzt. "Für eine Woche zum Teambuilding und zur Verkaufsschulung." Mit im Team seien viele ehemalige Eybl-Mitarbeiter.
Foto: KURIER/Gilbert Novy Im Gegensatz zu Eybl hält sich XXL aber aus dem Eigenmarkengeschäft raus und setzt auf Marken. "Wir können wegen unserer Kostenstruktur preisaggressiver auftreten", verweist Verwilligen etwa auf das moderne Lager in Schweden, von dem aus Österreich beliefert wird. "Wir sind in der Logistik vier Mal schneller als die Konkurrenz." Das Hochregallager ist robotergesteuert. "Wo bei anderen Firmen 50 Leute arbeiten, brauchen wir nur acht", sagt Verwilligen.
Die Platzhirsche in Österreich bleiben offiziell gelassen. "Wir haben hundert Filialen und schreiben jedes Jahr einen Gewinn", meint etwa Hervis-Chef Alfred Eichblatt. "Wenn jetzt ein neuer Mitbewerber mit ein paar Filialen kommt: So what?" Dennoch hielt Hervis für die neue Konkurrenz ein Überraschungsgeschenk parat. Als XXL sich die Domain xxl.at sichern wollten, hatte sich diese längst Hervis geschnappt. "Eine kindische Aktion", findet Verwilligen.
Ärgerlich findet er auch hartnäckige Gerüchte, dass XXL-Mitarbeiter sich in den Geschäften der Konkurrenz beraten lassen und dann gute Mitarbeiter abwerben. Verwilligen: "Völliger Humbug."
Währenddessen bläst Intersport-Österreich-Chef Mathias Boenke zum Gegenangriff. "Wir eröffnen heuer noch 14 Geschäfte, das ist die größte Eröffnungswelle, die wir je hatten." Damit kommt der Branchenprimus auf 285 Standorte, viele davon in Ski-Gebieten, wo auch die Einkaufskooperation Sport 2000 mit ihren mehr als 200 Händlern stark vertreten ist. Trotz der vielen Geschäfte tritt die Branche auf der Stelle. Der Jahresumsatz stagniert bei 1,7 Mrd. Euro.
Europas Sportartikelmarkt ist gesättigt. Es tobt ein Verdrängungswettbewerb.
In Österreich gibt es drei Spieler, die sich rund 70 Prozent des Marktes untereinander aufteilen: Intersport, die Spar-Tochter Hervis und die Einkaufsgenossenschaft Sport 2000. Dazu kommt Sports Direct mit 13 bis 15 Prozent Marktanteil.
Der in Großbritannien erfolgreiche Diskonter Sports Direct hat bei der Übernahme von Eybl/Sports Experts in Österreich ziemlich Federn gelassen. Das Sortiment des börsenotierten Konzerns lag teils wie Blei in den Regalen. Dazu kam der Zick-Zack-Kurs des Managements. Zuerst hat die neue Führungsmannschaft die Marken Eybl und Sports Experts eingestampft, dann teilweise wiederbelebt. Das Ergebnis: Der Österreich-Umsatz der Briten gab allein 2015/’16 um 27 Prozent auf 138,5 Millionen Euro nach, der Verlust lag bei 44,4 Millionen Euro.
Aufgefangen haben das wegbrechende Geschäft die Platzhirsche, aber auch selbstständige Fachhändler in Nischenmärkten.
Die Fachhändler bekommen zunehmend Konkurrenz von ihren eigenen Lieferanten. Erfolgreiche Marken ziehen ihre eigenen Flagshipstores hoch und bauen ihr Web-Geschäft zügig aus. So hat der neue Adidas-Chef Kasper Rorsted angekündigt, dass er seinen Online-Umsatz von derzeit einer Milliarde Euro bis zum Jahr 2020 auf vier Milliarden Euro treiben will. Bei Händlern kommen solche Ankündigungen freilich gar nicht gut an. Sie fürchten, dass die Industrie sie vom Geschäft abschneidet. Einige Händler klagen schon jetzt, dass Markenartikelhersteller begehrte Artikel zunächst für ihren eigenen Vertriebskanal zurückhalten, bevor sie diese an die Vertriebspartner ausliefern.
Dazu kommt die Konkurrenz seitens der Branchenfremden: Lauf-Shirts und Wanderstöcke gibt es längst auch beim Diskonter. Und Modehändler wie H&M bauen ihre Auswahl an Sportoutfits zügig aus.