KURIER: Herr Plater, verfolgen Sie unseren Wahlkampf?
Alejandro Plater: Ja, sicher.
Und was fällt Ihnen dabei auf?
Ich verfolge, welche Auswirkungen die Wahl auf unsere Firma haben wird – und natürlich auf die Wirtschaft.
Sie sehen sich ja als innovatives Unternehmen. Was erwarten Sie da von den Parteien?
Innovation verlagert sich von den großen Firmen zu den kleinen. Start-ups werden wichtig, das sehen wir ja überall. Es muss einfach sein, ein Unternehmen aufzumachen, aber auch wieder zu schließen, weil 90 Prozent der Start-ups ja scheitern. Start-ups beginnen normalerweise mit einer Idee. Aber ein erfolgreiches Produkt hat oft damit gar nichts mehr zu tun. Wir nennen das Trimmen. Da helfen wir.
Sie haben eine eigene Plattform, wo Sie Start-ups fördern. Wie machen Sie das?
Ein eigenes Team sucht Start-ups, aber auch Ideen, bevor es überhaupt noch ein Unternehmen gibt. Dann helfen wir z.B. durch eine IT-Ausrüstung oder unsere Cloud-Services.
Sie investieren nur in digitale Projekte?
Ja, ein Beispiel ist Parkbob, ein Start-up, das eine App entwickelt hat, mit der man freie Parkplätze finden kann. Eines unserer Start-ups beschäftigt sich mit der Analyse von Bewegungsdaten. Da sehen wir beispielsweise, woher Kunden von Einkaufszentren kommen. Dann haben wir in ein Unternehmen, das sich mit Indoor Navigation beschäftigt, investiert. Am Flughafen muss man nicht mehr auf die Anzeigentafel schauen, wo das Abfluggate ist, sondern man schaut auf sein Handy.
Wie investieren Sie?
Wir haben drei Systeme: Wir bieten IT-Infrastruktur und bekommen dafür Anteile. In manche Start-ups investieren wir auch Geld, wenn Kapital notwendig ist. Und drittens unterstützen wir auch eigene Mitarbeiter durch ein "Internal Entrepreneurship Program": Da haben wir uns 60 Ideen angesehen und drei davon ausgesucht. Eines beschäftigt sich damit, wie man Kundenfeedback in den sozialen Medien besser verstehen kann.
Wir spüren in Europa und den USA mehr Nationalismus. Aber Digitalisierung ist doch genau das Gegenteil davon.
Digitale Start-ups werden nur auf globaler Ebene erfolgreich sein können. Wer nur an Erfolg im eigenen Land denkt, wird es nie schaffen. Die Großen der Branche wie Facebook oder Google haben nie amerikanisch gedacht, sondern immer nur global. Bei einem digitalen Start-up muss man die Vision haben, eine Milliarde Menschen zu erreichen.
Foto: KURIER/Gilbert Novy
Wie steht aus Ihrer Sicht Österreich in der digitalen Welt da?
Das Problem hier ist nicht die Infrastruktur. Das Problem ist, dass viele noch nicht die digitalen Möglichkeiten nutzen, die es gibt. Also wollen wir den Leuten helfen. Wir haben da ein eigenes Trainingsprogramm für Ältere. Und ein Lehrlingsprogramm für IT-Jobs. Bei der Telekom Austria lernt man also nicht mehr, wie man Kabel eingräbt, sondern man lernt IT. Es ist sehr schwierig für uns Leute zu finden, die sich für IT interessieren.
Alle Ihre Bemühungen, die Digitalisierung in Österreich weiterzutreiben, machen Sie aber nicht, weil Sie ein netter Kerl sein wollen, sondern um Geld zu verdienen.
Natürlich müssen wir Geld verdienen, aber wir haben auch eine soziale Verantwortung. Es gab sogar den Fall einer Frau, die Selbstmord begehen wollte, weil sie vereinsamt und depressiv war. Wir haben ihr beigebracht, wie sie Facebook und andere Social Media verwendet. Dann hat sie uns einen Brief geschrieben, dass wir ihr ihr Leben zurückgegeben haben. Wir wollen mithelfen, dass die ganze Gesellschaft digitalisiert wird. Wenn das gelingt, ist es besser für die Wirtschaft, für die Gesellschaft und auch für uns.
Gibt es Unternehmen, die bei der Digitalisierung besonders gut sind?
Ja, da gibt es viele, Google bildet Öko-Systeme für Innovation.
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Und jetzt kooperieren sie mit der Kaufhauskette Walmart.
Ja, Google hat verstanden, dass sie von Werbung abhängig sind. Aber das hat eine Grenze und deshalb müssen sie diversifizieren.
Was ist jetzt die große Herausforderung für die Telekom?
Es sind mehrere: Erstens die Regulierung, die uns zum Teil von Innovationen abhält. Etwa beim Roaming, wir brauchen mehr Freiheit.
Das ist ein Appell an die Regierung in Wien oder die EU?
Es geht an beide. Zweitens, wir müssen uns selbst digitalisieren. Wir haben etwa gerade eine Softwarefirma in der Schweiz gekauft. Das Unternehmen zu digitalisieren hat sehr viel mit Kultur zu tun.
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Was haben Sie da schon getan?
Früher haben wir von oben nach unten kommuniziert, etwa über das Intranet. Letztes Jahr haben wir eine interne Plattform namens Workplace begonnen, damit kann jeder mit jedem kommunizieren. Alle Informationen können intern ungefiltert verbreitet werden. Schauen Sie, hier gibt es auch Videos und verschiedene Gruppen, die Informationen austauschen. Es gibt z.B. eine Gruppe, die heißt Women Attack, nur für Frauen.
Ohne Zensur?
Es gibt Einschränkungen. Die Sprache, dann ist es nicht wie Facebook, um private Fotos zu zeigen, und man muss respektvoll teilnehmen. Workplace ist nicht dazu da, um intern Kritik zu üben.
Und da machen alle mit?
70 Prozent der Mitarbeiter.
30 Prozent machen nicht mit. Würden Sie die am liebsten hinausschmeißen?
Nein, ich versuche, alle davon zu überzeugen, mitzumachen. Workplace wird attraktiver, wenn wir das Menü der Kantine draufstellen.
Bei uns sagt man, Liebe geht durch den Magen, aber offensichtlich geht auch Digitalisierung durch den Magen.
Ja, genau.
Telekom-Chef Alejandro Plater sitzt vor dem neuen Logo von A1. „Die Farbe rot ist freundlicher“, sagt er dem KURIER. Der Argentinier will aber nicht nur das Logo erneuern, sondern den ganzen Konzern. Seit Juli 2014 hat die mexikanische America Movil von Carlos Slim die Mehrheit am ehemaligen Staatsbetrieb, Alejandro Plater wurde im August Chief Executive Officer. Plater wurde 1967 geboren und war unter anderem als Risikoanalyst bei „Sud America Seguros“ und Vice-President bei Ericsson, ehe er CEO bei der Telekom Austria wurde.