"Das Kartellrecht ist 50 Jahre alt. Zeit, das Gesetz neu zu denken", plädiert Theo Thanner, Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) für eine Modernisierung. Aufgrund der Digitalisierung sei das Kartellrecht in vielen Punkten nicht mehr zeitgemäß.
Beim Taxigewerbe bzw. dem Fahrtendienst Uber oder bei der Vermietungsplattform Airbnb sei zu überlegen, "ob alle Regulierungen vernünftig sind oder ob viele Argumente nur vorgeschoben sind". Thanner hat den starken Verdacht, dass versucht werde, "neue Geschäftsmodelle durch Regulierungen zu verhindern". Es mache schließlich einen Unterschied, ob "die Oma eine Garçonnière über Airbnb vermietet oder ob jemand 50 Wohnungen anbietet".
Eines der Schwerpunkt-Themen der Wettbewerbsschützer ist für 2018 der Online-Handel. Thanner präsentierte im Klub der Wirtschaftspublizisten das Beispiel einer Waschmaschine, die im Online-Handel abgesehen von einer kurzfristigen Ausnahme bei allen Anbietern zum Einheitspreis offeriert wird.
Thanner schätzt den Gesamtmarkt für Online-Werbung in Österreich auf rund 577 Millionen Euro im Jahr. Google und Facebook würden den heimischen Markt mit rund 60 Prozent dominieren. Mit dem ORF und den privaten TV-Anbietern werde derzeit – bis dato erst in Einzelgesprächen – ein kartellrechtskonformes Modell ausgehandelt. Möglich sei beispielsweise eine Art Genossenschaft mit allen Anbietern als Mitglieder. Über diese Genossenschaft könnte die Werbung gebucht werden. Der BWB-Chef rechnet im Frühjahr mit Ergebnissen.
In diesem Zusammenhang müsste auch der Werbemarkt neu definiert werden, um die Realität abzubilden. Statt Ländergrenzen könnte der deutschsprachige Raum als Markt gelten. Auch dafür sei eine Änderung des Kartellrechts notwendig.
Die Wettbewerbsbehörde hat ihre IT-Forensik aufgerüstet, um Preisabsprachen besser nachweisen zu können. Thanner fordert außerdem die Zusammenlegung der Regulierungsbehörden in Österreich, um Parallelstrukturen zu verhindern. Konkret sind die Schienencontrol, E-Control, RTR, FMA und die Übernahmekommission gemeint.