Wenn die Eishockeyspieler aus Klagenfurt das Eis des Zagreber Dom sportova betreten, wohnen zwei Seelen in seiner Brust: Gerne erinnert sich Michael Markota an seine Jugend als Tormann der Rotjacken vom Wörthersee. Doch auf der anderen Seite tragen die kroatischen Gastgeber vom KHL Medveščak den Schriftzug seiner Firma auf ihren Dressen.
Alca. Wenige Kroaten und noch weniger Österreicher wissen, wofür diese vier Buchstaben stehen. Dabei repräsentieren sie einen Familien-Betrieb mit kroatischen und österreichischen Wurzeln, der sich erfolgreich als Logistiker in den Ländern Ex-Jugoslawiens behauptet.
Michael Markota freut sich über jede gelungene Aktion von beiden Teams, die in der mitteleuropäischen EBEL Erste Bank Eishockey League aufeinandertreffen. Der 51-jährige Austro-Kroate ist der Inhaber von Alca.
Durch die Hände seiner 1150 kroatischen Mitarbeiter (insgesamt: 1910) gehen gut 40.000 Artikel. Von Kondomen bis Kartoffelchips, von Gummibären bis Katzenstreu, Mobiltelefonen bis Klopapier: "Es gibt kaum ein Markenprodukt, das wir nicht in unserem Portfolio haben", erklärt Marken-Fan Markota.
Die Story seiner Firma ist eine Facette mitteleuropäischer Zeitgeschichte. Sie beginnt im Kalten Krieg: Markotas Vater Žarko, Kroate aus der Herzegowina, studiert in Zagreb Wirtschaft, flüchtet nach seiner Promotion vor den Tito-Kommunisten, heiratet in Österreich, gründet die Firma Alca und verdient als Händler zwischen Ost und West sein erstes Geld. Seine Söhne René und Michael wachsen in Vorarlberg und in Kärnten auf, studieren an der WU in Wien, um daran anschließend die Firma zu übernehmen.
Die Zagreber Eisbären zeigen den Klagenfurter Gästen, wer der Herr im Haus des Sports ist. Gut ausgebildete kanadische "Gastarbeiter" laufen für gutes Geld auch gerne mal in Kroatien auf. Den Eishockeyfan Michael Markota hebt es bei jedem Tor von seinem Sitzplatz. Er hat seit dem Einstieg ins Berufsleben viele Erfolge miterlebt, auch die eine oder andere Niederlage.
Mit dem Beginn des Jugoslawien-Kriegs brach das Import-Export-Geschäftsmodell in sich zusammen, und mit ihm eine Welt: "Gute Freunde unserer Familie begannen sich plötzlich zu bekriegen", erinnert sich der Firmeninhaber mit österreichischem Pass. Nach Kriegsende dann der Aufstieg seiner Firma und sein Wohnsitzwechsel nach Zagreb: Alca kann sich als verlässlicher Vertreiber von Gillette-Produkten in Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina einen Namen machen. Markotas Hartnäckigkeit und Handschlagqualität sollten sich nachhaltig bezahlt machen.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte das Unternehmen, das in Zagreb und Sveta Helena hochmoderne Warenlager eingerichtet hat, einen Umsatz von 243 Millionen Euro verbuchen. "Für 2018 rechnen wir mit einer weiteren Umsatzsteigerung auf 302 Millionen", freut sich Michael Markota.
Weniger Freude hat er naturgemäß mit dem Agrokor-Finanzdebakel, das in Kroatien unzählige Firmen in ihrer Existenz bedroht: "Auch wir haben viel Geld verloren." Er beziffert den Verlust seiner Firma mit acht Prozent des aktuellen Umsatzes.
Der Hockey-Fan nimmt es sportlich. Er fördert in der kroatischen Hauptstadt übrigens auch die Zagreber Philharmonie, junge Musiker und Sozialprojekte. Als Back-up agiert sein Bruder René, der von Klagenfurt aus die Firmenfinanzen im Auge hat.
Nach einer längeren Durststrecke kommt der KHL Medveščak jetzt immer besser in Schuss. Der KAC fährt heute als Verlierer heim. Alles paletti für die Gastgeber? Noch ist es für die Zagreber ein weiter Weg bis zu den Finalspielen in der EBEL, die starken Gegner kommen unter anderem aus seinem Heimatland. Fan Michael Markota ist dennoch zuversichtlich.
An sich gute Nachrichten aus dem österreichischen Außenwirtschaftscenter (AWC) in Zagreb: Die positive Dynamik der kroatischen Wirtschaft hält weiter an. Für 2017 wird ein reales Wachstum von immerhin drei Prozent erwartet.
„Treiber des Wachstums sind der starke Privatkonsum, der unter anderem von der Steuerreform und der hervorragenden Tourismus-Saison profitiert, aber auch gute Entwicklungen bei Export und Investitionen“, berichtet AWC-Leiterin Sonja Holocher-Ertl.
Und sie kann auch ein wenig beruhigen: „Die Agrokor-Krise wird sich voraussichtlich weniger stark als ursprünglich erwartet auswirken.“ Das Sondergesetz zur Abwicklung des schwer überschuldeten Privatunternehmens konnte laut Holocher-Ertl „einen ungeregelten Crash verhindern“. Für das laufende Jahr wird jedoch erwartet, dass die notwendige Restrukturierung des landesweit größten Unternehmens das Wirtschafts-Wachstum etwas dämpfen wird.
Die österreichischen Warenexporte nach Kroatien beliefen sich in den ersten neun Monaten 2017 auf 1,284 Milliarden Euro. Österreichs Exporteure sind damit weiterhin die zweit wichtigsten Investoren im Land.