Die gute Nachricht: Es gibt wieder mehr Lehranfänger. Im Vorjahr begannen 33.721 junge Menschen eine Ausbildung im Betrieb, um 3,1 Prozent mehr als 2016 (siehe Grafik unten). Ein Aufwärtstrend, denn es ist der zweite leichte Anstieg in Folge. Die schlechte Nachricht: Die Anforderungen an die Jugendlichen steigen, der Kampf um die besten Köpfe zwischen Schule und Wirtschaft wird härter.
Angesichts einer drohenden Fachkräfte-Lücke kündigte Wirtschafts- und Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck gleich bei Amtsantritt eine an. "Wir wollen die Chancen der Digitalisierung mit dem bewährten Konzept der dualen Ausbildung vereinen", so die Ministerin. Erster Schritt dazu sind 13 neue bzw. modernisierte Berufsbilder, die ab Sommer starten und 2000 zusätzliche Lehrplätze schaffen sollen.
Große Erwartungen setzt der Handel in den seit Jahren geforderten Lehrberuf eCommerce-Kaufmann bzw. -frau, der ganz auf die neuen Anforderungen des wachsenden Online-Handels zugeschnitten ist. Eingesetzt werden können die Absolventen im Sortimentsmangement ebenso wie im eCommerce oder im Online-Marketing. Laut einer Umfrage im Auftrag des Handelsverbandes würden 70 Prozent der Händler eCommerce-Lehrlinge einstellen, 30 Prozent wären sogar dazu bereit, eine höhere Lehrlingsentschädigung zu zahlen. Die Versandhandelsgruppe Unito (Universal, Otto, Quelle) wird ab Herbst die ersten sechs eCommerce-Lehrlinge aufnehmen. Große Handelsketten wie etwa Merkur bieten zudem im Rahmen der bestehenden Ausbildung den Schwerpunkt "Digitaler Verkauf" an.
Erst auf den zweiten Blick mit der Digitalisierung zu tun haben die Maskenbildner/innen. Der durch Theater, Film und Fernsehen bekannte Kreativberuf gewinnt durch YouTube-Stars und Fashion-Blogs in den Sozialen Medien neue Attraktivität. Ein eigener Lehrberuf war es bisher nicht. Damit hinkt Österreich der Entwicklung nach. In Deutschland erfreut sich der Lehrberuf großer Beliebtheit, es finden sogar eigene Lehrlings-Meisterschaften statt. "Der Bedarf und die Anforderungen in den Theatern sind gestiegen", sagt Reinhard Kainz von der Sparte Gewerbe/Handwerk in der Wirtschaftskammer. Er sieht die Ausbildung als Alternative zum stark nachgefragten Friseur. Das Angebot dürfte sich jedoch auf größere Städte beschränken. Einen neuen Lehrberuf gibt es ferner als Ordinationsassistenz bei Tierärzten, in der Glasverfahrenstechnik sowie als bautechnische Assistenz. Adaptierungen fanden bei Medienfachmann/frau und in der Chemieverfahrenstechnik statt.
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Einer Generalüberholung unterzogen wurde die Ausbildung zu klassischen Berufen wie Rauchfangkehrer/in, Polsterer/in, Steinmetz/in und Zahntechniker/innen. "Unser Beruf verändert sich derzeit massiv, aber es ist ein Schwachsinn zu glauben, dass er ganz verschwinden wird", betont Richard Koffu, Bundesinnungsmeister der Zahntechniker. Das Gegenteil sei der Fall. Der 3-D-Druck ermögliche viel komplexere Anwendungen im Bereich Zahnersatz oder Kieferorthopädie, der Nachwuchs müsse zum ausgebildet werden. Am Lehrplan stehen künftig digitale Fertigungstechniken ebenso wie Kenntnisse über Datenbanken, Datenschutz und Netzwerktechnologien. Know-how, das generell in der Medizintechnik gefragt ist – und nicht nur dort.
Bis 2020 wollen die Sozialpartner weitere 50 der mehr als 200 Lehrberufe modernisieren und damit auch für Jugendliche attraktiver machen. Dabei soll es auch der einen oder anderen verstaubten Berufsbezeichnung an den Kragen gehen.
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Etwas früher als in den vergangenen Jahren starten dieser Tage viele Handelsketten mit den Rekrutierungen für das kommende Ausbildungsjahr ab Herbst. Allein der größte private Lehrlingsausbildner Spar nimmt heuer 900 neue Lehrlinge auf, die Rewe-Gruppe 700 (davon 143 bei Merkur), XXXLutz 650, dm-Drogeriemarkt 300, Hofer 150 und Mediamarkt 40.
Um im zunehmenden Wettbewerb die Lehrstellen auch besetzen zu können, werben die Händler mit zahlreichen Extras. Spar etwa winkt mit Gratis-B-Führerschein und Prämien von bis zu 218 Euro für gute Berufsschulzeugnisse.
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Merkur bietet den Lehrlingen neben Erfolgsprämien und Einkaufsvorteilen eine „Lehrabschlussreise in den sonnigen Süden“ sowie die Möglichkeit von Auslands-Praktika. Mit überdurchschnittlich hohen Lehrlingsentschädigungen will der Diskonter Hofer Jugendliche zur Lehre animieren. Lehranfänger erhalten 805 Euro im Monat, im zweiten Lehrjahr 1065 Euro und im dritten 1465 Euro.
Bei XXXLutz kann der Nachwuchs ab dem zweiten Lehrjahr mit Verkaufsprovisionen die Gage aufbessern. Karriere mit Lehre im eigenen Haus sei keine Seltenheit, betont XXXLutz-Sprecher Thomas Saliger: „Ein Großteil unserer Führungskräfte hat seine Karriere als Lehrling im Unternehmen begonnen.“