Eine Schonfrist gibt es nicht: Wer neu zum monatlichen Treffen der europäischen Finanzminister (Ecofin) in Brüssel dazustößt, der muss von Anfang an mithalten – auch bei Entscheidungen, die man nicht selbst getroffen hat. Diese Erfahrung musste gestern auch Österreichs neuer Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bei seinem ersten Rat mit seinen europäischen Amtskollegen in Brüssel machen.
Eine mehr als umstrittene Maßnahme stand am Dienstag auf dem Plan: Nur eineinhalb Monate nach ihrer Erstellung hat die EU acht Staaten von der bisher 17 Länder umfassenden "schwarzen Liste" der Steueroasen wieder gestrichen. Begründung: Die besagten acht Staaten hätten zugesichert, ihre Steuerpraktiken fortan zu ändern, hieß es von Seiten der Finanzminister. Um vom Pranger der Steuerparadiese genommen zu werden, hatten offenbar Briefe genügt – "Briefe, die auf höchster politischer Ebene gezeichnet wurden".
Unter den steuertechnisch nunmehr geläuterten Staaten findet sich unter anderem neben Barbados, Grenada, Südkorea und Macau – ausgerechnet Panama. Also jenes lateinamerikanische Land, dessen dubiose Steuerpraktiken samt Zigtausender Briefkastenfirmen unter dem Schlagwort "Panama Papers" aufgedeckt und berüchtigt wurden.
Nun aber wandern die acht Lände auf eine graue Liste mit bisher 47 Ländern mit auch nicht gerade vorbildhaften Steuersystemen. Diese Länder stünden unter Beobachtung, heißt es von Seiten der EU. Bei Fehlverhalten gehe es wieder retour auf die "schwarze Liste", kündigte Deutschlands geschäftsführender Finanzminister Peter Altmaier an. Nur, zu befürchten haben die Staaten auf den dunklen Listen allesamt nichts: Sanktionen oder Strafen sind in keinem Fall vorgesehen. Altmaier sieht die Maßnahme trotz vehementer Kritik aus dem EU-Parlament als "großen Schritt" nach vorne: "Ziel ist, dass die Liste weltweit bei all den Staaten gefürchtet wird, die aus Steuervermeidung, Steuerhinterziehung, Steuerbetrug ein Geschäft machen wollen."
Für Neo-Finanzminister Löger gab es bei dessen Premieren-Tag in Brüssel in Sachen Steueroasen nichts mehr zu entscheiden. Die Maßnahme war schon vor seinem Dienstantritt beschlossen worden. Der frühere UNIQA-Manager prescht nicht mit großen Visionen für die Zukunft der EU voran, sondern tastet vielmehr vorsichtig-systematisch ab, wo Österreichs Linie inmitten der anstehenden Reformen der Eurozone und der Währungsunion sein könnte. Eine "gerechte Digitalsteuer" auf europäischer Ebene will er forcieren. Bei den neuen Plänen der EU-Kommission zur Mehrwertsteuerreform steht Löger hingegen eher auf der Bremse.