Leise rollen Elektroautos durch die Stadt, über Nacht hängen sie alle an Steckdosen in Garagen, auf öffentlichen Parkplätzen, bei Hotels und Supermärkten. Die schöne, neue Mobilitäts-Zukunft hat leider einen Haken: So wie die Stromnetze derzeit ausgelegt sind, ist es unmöglich, dass alle E-Autos nachts gleichzeitig laden.
Eine Studie des Beratungsunternehmens Oliver Wyman warnt vor "flächendeckenden Stromausfällen in Deutschland", schon wenn der Anteil von E-Autos 30 Prozent aller Fahrzeuge erreicht. Das könne in einigen städtischen Randbezirken, wo die Leute besonders gern auf E-Autos umsteigen, schon in fünf bis sechs Jahren der Fall sein. Und die Chefin des deutschen Energieunternehmens Innogy setzt gleich eine weitere Warnung darauf: Eine Milliarde Euro müsste jährlich ins deutsche Stromnetz gesteckt werden, um es "E-Auto-fit" zu machen. Bezahlen müssten das natürlich die Stromkunden.
Von solchen Bedrohungen der Versorgungssicherheit wollen die österreichischen Stromversorger nicht reden. Sie nennen die deutschen Warnungen "Horrorszenarien", mit denen Energiekonzerne Eigeninteressen durchsetzen wollen.
Dass die E-Mobilität eine neue Herausforderung für das Stromnetz darstellt, sehen aber auch die heimischen Versorger. Die niederösterreichische EVN hat daher einen Testversuch in Seitenstetten gestartet. Dort wurde 20 Familien jeweils ein E-Auto und eine Ladestation zur Verfügung gestellt, um zu prüfen, ob die lokalen Stromleitungen das zeitlich geballte Laden von E-Autos aushalten. Fazit: "Wenn die Leute nachts laden – einer Zeit, in der das Netz wenig belastet wird –, reicht eine 230-Volt-Haus-Spannung durchaus aus. Zusatz: Es könne aber sein, dass die Autos nicht immer mit voller Leistung aufgeladen werden, sprich: In der Früh ist die Batterie nicht unbedingt zur Gänze wieder gefüllt. Diese Flexibilität der Ladungsmenge, die sich der Netzbetreiber vorbehält, ist für EVN-Sprecher Stefan Zach der Schlüssel dazu, dass E-Mobilität in großem Stil funktioniert.
"Wir brauchen Stromleitungen, die kommunizieren, also einen Ausgleich zwischen Verbraucher und Kraftwerken herstellen", sagt Zach. Eine Art "Spannungswächter" in den Haushalten sorgt dann dafür, dass im Falle der Netz-Überlastung durch zu viel gleichzeitiges Aufladen von E-Autos die Leistung reduziert wird. Für alle, die über Nacht aufladen, ist das kein großes Problem. Denn ob das Auto von den acht Stunden, die es am Netz hängt, von Mitternacht bis sechs Uhr früh oder von 23 Uhr bis fünf Uhr früh geladen wird, ist egal.
Schwieriger wird es für all jene, die Schnellladestationen wollen. Diese sind mit normalen Hausanschlüssen von üblicherweise fünf Kilowatt nicht zu betreiben. "Schnellladestationen müssen entweder in der Nähe von Trafos stehen oder der Nutzer muss auf eigene Kosten seinen Anschluss verstärken", betont man in der E-Wirtschaft. Milliarden-Investitionen ins Stromnetz, so wie die deutsche Innogy-Chefin androhe, seien sozial unzumutbar. "Wie kommen all jene Menschen, die kein E-Auto haben, dazu, dass sie wegen der E-Mobilität viel mehr fürs Stromnetz zahlen müssen?", fragt Zach.
Die Wien Energie geht denn auch mit gewisser Vorsicht ans Thema E-Autos heran. 500 Ladestellen gibt es laut Wien Energie-Sprecher Boris Kaspar derzeit. Bis 2020 sollen 1000 weitere dazu kommen. "Wenn an all diesen Ladestellen dann ein Auto hängt, hält das das Stromnetz leicht aus", sagt Kaspar.
In Oberösterreich bietet die Energie AG allen E-Auto-Besitzern eine so genannte Wallbox an. Das ist eine Stromladestation, die zum Beispiel in Garagen montiert werden kann. Sie sichert die Stromversorgung des Hauses beim Laden des E-Autos ab. Vor großflächigen Stromausfällen müsse in Österreich niemand Angst haben, meinen die Versorger. Blickt man auf die Zulassungszahlen von E-Autos, können sich die Stromfirmen mit der Netz-Aufrüstung durchaus noch Zeit lassen.