Die Sozialbau, größter gemeinnütziger Bauträger in Österreich, wird auch unter ihrem neuen Generaldirektor Josef Ostermayer den Fokus auf die Errichtung leistbarer Mietwohnungen legen. Angesichts der in Wien weiter wachsenden Bevölkerung gebe es den Bedarf. Bei einkommensbezogenen Mieten-Anhebungen sieht er viele Nachteile, sagte er im APA-Gespräch: Das wäre "leistungs- und mittelstandsfeindlich".
2018 werde die Sozialbau - dank des Vorgängers von Ostermayer und seiner Mitarbeiter - mit rund 2.200 in Errichtung befindlichen Wohnungen voraussichtlich ihre historisch höchste Bauleistung aufweisen. Hier wolle man Kontinuität wahren, daher erwerbe und entwickle man laufend neue Liegenschaften. Der letzte größere Zukauf erfolgte erst im Dezember am Körner-Kasernen-Areal in Wien 14; Teile der Flächen für 600 Wohnungen werden an andere Bauträger im Baurecht weitergegeben.
Auch künftig werde man bei einzelnen Projekten mit anderen Bauträgern und auch Finanzierungspartnern (wie mit Erster und Städtischer in der Seestadt Wien-Aspern) kooperieren. Als Mix sei die gesamte Palette möglich - gemeinnütziger Wohnbau mit oder ohne Wohnbauförderung oder auch freifinanzierter Wohnbau der gewerblichen Tochtergesellschaft. Auch mit der gewerblichen BIG-Tochter, der ARE, realisiert die Sozialbau Vorhaben, etwa auf den "Siemensäckern". "Ziel muss sein, dass wir entsprechend dem Bedarf einen Beitrag leisten, dass die Menschen sicher und kostengünstig mit Wohnungen versorgt werden."
Die Liegenschaftspreise und auch die Baukosten seien schon "eine Herausforderung", wenn man günstiges, leistbares Wohnen ermöglichen und bei hoher Bauqualität die Stadt sozial gut durchmischt haben wolle. Grundstücke, die Gemeinnützige nur zu bestimmten Höchstpreisen kaufen dürfen, seien durch die hohe Nachfrage teurer geworden, und Bauen sei durch die Hochkonjunktur der Branche kostspieliger geworden. Aufgrund der engagierten Wohnbaupolitik von Stadtrat Michael Ludwig gebe es in Wien geförderte Grundstückspreisobergrenzen von plus/minus 300 Euro pro Quadratmeter, in Salzburg müsse der gemeinnützige Wohnbau dagegen Grundstückspreise von bereits 700 Euro/m2 stemmen.
Trotz aktuell höherer Neubauzahlen der Sozialbau werde sich die Liste der vorgemerkten Interessen nicht besonders ändern, also auch nicht verkleinern, vermutet Ostermayer. Falls die Bevölkerungsprognosen halten - und davon gehe er aus -, dann bestehe letztlich auch weiter ein Wohnungsmangel. "Zumindest rechne ich für die nächsten fünf Jahre, für die ich bestellt bin, auch trotz starker Bauleistung nicht damit, dass wir ein Vermarktungsproblem haben." Bis Frühsommer 2017 hatte sich die Warteliste auf 86.500 Anmeldungen verlängert, freilich samt Mehrfachregistrierungen.
Dem Vorschlag von am Einkommensniveau orientierten Mieten - also einem "Nachziehen" für Besserverdiener, wie es im Programm der neuen Regierung verankert ist - steht Ostermayer skeptisch gegenüber. Das sei für ihn "leistungs- und mittelstandsfeindlich", weil es Menschen treffen könnte, nur weil sie in der Karriere fortschreiten oder mehr Überstunden machen. Das sei für die soziale Durchmischung in den Wohnhäusern kontraproduktiv. Zudem sei es womöglich auch rechtlich gar nicht so leicht zu realisieren im gemeinnützigen Bereich, wenn man das hier für die Mietenhöhe geltende Kostendeckungsprinzip bedenke.
Die von der neuen Regierung geplanten Schutzbestimmungen für gemeinnützige Bauvereinigungen gegen Umgehungsgeschäfte bei GmbH-oder AG-Anteilen begrüßt der Sozialbau-Chef. Jetzt wolle man verhindern, dass unter Umgehung bestimmter Vorschriften, auch eines grünen Lichts der jeweiligen Landesregierung, Anteile darübergestülpter Holdings veräußert werden können. "Das soll jetzt dicht gemacht werden. Das ist positiv", so Ostermayer, der darauf verweist, dass es dazu schon vor längerem auch einen SP-Initiativantrag gegeben habe.
Einer verstärkten Verpflichtung zur Übertragung von geförderten Wohnungen in das Eigentum der Mieter steht der Sozialbau-Chef skeptisch gegenüber - "nicht aus ideologischen Gründen", wie er betont, "sondern weil damit Manövriermasse an günstigen Mietwohnungen verloren gehen würde. Das ist aber ein ganz wichtiger Aspekt der Versorgung mit Wohnungen". Mit im Vorjahr 51.252 Wohneinheiten - davon 45.744 in Miete und 5.508 im Eigentum - ist die Sozialbau größter privater "Hausherr" im Land. Indirekt gehört die Sozialbau AG mehrheitlich der Vienna Insurance Group (VIG).
Bei den Lademöglichkeiten für Elektroautos wird es im Häuserbestand der Sozialbau Nachrüstungen geben, "wenn der Bedarf da ist", versichert Ostermayer. Bisher stattet die Sozialbau die Garagenplätze ihrer neuen Objekte zu einem Zehntel mit entsprechenden Verrohrungen aus, in Ausnahmefällen zu 15 Prozent. Bei der Körner Kaserne in Breitensee plane man eine "Mobilitätsstation", also E-Fahrrad- sowie Carsharing-Angebote samt E-Autos. Andererseits würde man leer stehende Garagenplätze - "früher haben wir sie im Verhältnis 1:1" - als Lagerflächen nutzen könnte.
Der Jurist Ostermayer (56) begann in den 1980er Jahren bei der Mietervereinigung, später arbeitete er im Büro des Wiener Wohn- und Wohnbaustadtrats Werner Faymann und war danach Geschäftsführer des wohnfonds wien. Als Faymann 2007 zum Infrastrukturminister avancierte, wurde Ostermayer sein Kabinettschef. Ab Dezember 2008 war Ostermayer Staatssekretär im Kanzleramt des Kabinetts Faymann I, zuständig für Regierungskoordination und Medien. Fünf Jahre später (Faymann II) wurde er Kanzleramtsminister, im März 2014 Kulturminister; bis Mai 2016 gehörte er der Regierung an. Im November 2016 zog er in die Vorstandsetage der Sozialbau AG ein, seit Anfang 2018 ist er dort Generaldirektor.