KURIER: Sie sind bei Mercedes höchst erfolgreich, Ihre Zwillinge sind acht Jahre und Sie haben eine junge Frau. Warum wollen Sie als 68-Jähriger unbedingt auch noch eine Airline?
Niki Lauda: Jeder Mensch hat seine eigenen Ideen. So mancher hat das Ideal, zu arbeiten und so früh wie möglich in die Pension zu gehen und in der Sonne zu liegen. Wenn einer etwas macht, was nicht dem Ideal vom schönen Leben entspricht, dann wundert man sich. Ich bin halt anders, was soll ich machen? Ich kann nicht still sitzen. Mich motiviert es, neue Herausforderungen anzunehmen, darauf bin ich aus dem Rennsport konditioniert und trainiert. Eine neue Herausforderung fasziniert mich, das ist mein Motiv.
Die Herausforderung als Lebensmotto?
Je schwieriger es wird, im Sport genauso wie im Wirtschaftsleben, desto mehr interessiert mich etwas. Ich fange erst an hinein zu kippen, wenn’s kompliziert wird. Deswegen fragen mich die Leute oft, so wie jetzt auch Sie, warum tust du dir das an? Weil es mich fasziniert. Wenn es nicht gelingt, kann ich sagen, ich habe alles versucht, um meine Idee umzusetzen. Wenn’s jemand anders und besser macht, akzeptiere ich das. Das ist für mich ein ganz klarer, geradliniger Weg.
Sie haben bereits mehrmals Airlines gegründet und sind dann ausgestiegen. Nachhaltigkeit als Airliner kann man Ihnen nicht gerade vorwerfen.
In den 70er Jahren hatte ich die Idee, mit Fokkers gegen das Staatsmonopol zu fliegen. Dann habe ich versucht, mit der Lauda Air gegen das Monopol der AUA eine Parallel-Airline in die Höhe zu bringen. Was sehr schwierig war. Der Staat war damals der Meinung, es gibt nur einen Carrier in Österreich, von Wettbewerb war keine Rede. Dann wollte sich die Lufthansa beteiligen, weil sie vom Produkt Lauda Air überzeugt war. Als die Lufthansa die AUA aus der Allianz mit der Swissair, mit der es schnell bergab ging, herauslösen wollte, wurde ich gefragt, ob ich auch die AUA als Partner hereinnehmen könnte.
Warum hat es zwischen AUA und Ihnen nicht geklappt?
Wirtschaftlich war es richtig, dass AUA, Lauda Air und Tyrolean, die damals privat war, zusammen arbeiten. Ich habe allerdings den Kulturunterschied zwischen AUA und Lauda Air komplett unterschätzt. Tyrolean-Chef Feitl und ich dachten, wir werden die AUA mit unserem Approach beschleunigen und gemeinsam alle mehr erreichen. Die Realität war leider anders, das Gegenteil ist passiert. Die AUA wollte uns beweisen, dass ihr Weg der Bessere ist, um ans Ziel zu kommen. Ich hatte damals eine falsche Entscheidung getroffen und musste mich zurückziehen.
Warum sind Sie später bei NIKI auch raus?
In den drei Jahren danach, in denen ich nichts machen durfte, habe ich mir Low-Cost-Konzepte angeschaut, beispielsweise bei easyJet. Aus der Insolvenz von Aero Lloyd gründete ich NIKI. Der beste Weg war damals, sich sofort mit Air Berlin zusammen zu tun, um alle Betriebssysteme anzustecken. Ich habe mit drei Flugzeugen begonnen. Elf Jahre später hatten wir 21 Flieger, ab dem zweiten Jahr haben wir immer positiv bilanziert. Es hat alles perfekt funktioniert, bis beim Partner Air Berlin die großen Probleme begannen.
Mit Air-Berlin-Gründer Hunold verstanden Sie sich doch gut.
Zuerst ja. Aber ich hatte ihn gewarnt, die LTU, die kostenmäßig teuerste Airline Deutschlands, zu übernehmen. Weil gleichzeitig auch Air Berlin teurer würde. Die Expansion der Air Berlin war in meinen Augen viel zu schnell. Als sie schon hohe Verluste machten, kam der Finanzchef zu mir und sagte, wir müssten Flugzeuge verkaufen, die NIKI gehörten und normal finanziert waren, weil Air Berlin Cash braucht. Wir hätten die Flieger teuer zurück leasen müssen. Ich habe erklärt, löst eure Probleme selbst, aber nicht mit meinen Flugzeugen. Da machte Air Berlin Druck. Daraufhin habe ich gesagt: Nicht mit mir, kauft mir meine Anteile ab, wenn ihr wollt.
Also sind Sie wieder raus.
Glauben Sie, es hat mir Freude gemacht, mich von NIKI zu verabschieden? Das war doch mein Unternehmen. Aber ich konnte die Probleme mit Air Berlin nicht lösen und in dieser Konstellation war nichts anderes möglich. Wenn NIKI heute in Konkurs ist, bin ich doch nicht verantwortlich.
Die Mitarbeiter sind inzwischen sauer und wollen zu Vueling. Manche vermuten, Sie stünden hinter dem Rechtsstreit, ob die Insolvenz in Deutschland oder Österreich abgewickelt wird.
Ich verstehe, dass die Mitarbeiter durch diese Unsicherheit und das Hin und Her beunruhigt und verärgert sind. Das ist doch ganz klar. Zuerst heißt es, alles geht an die Lufthansa. Dann bekommt Vueling den Zuschlag, der CEO war schon in Wien und plötzlich ergibt sich durch den Rechtsstreit wieder eine neue Situation. Aber schuld an der ganzen Geschichte ist, nüchtern analysiert, der NIKI-Geschäftsführer Lackmann. Er hat den Konkurs in Berlin angemeldet und nicht in Österreich. Hätte er die Insolvenz hier angemeldet, wäre das Problem schon längst gelöst – wer immer NIKI gekauft hätte.
Warum liegen Sie mit den deutschen Insolvenzverwaltern so heftig im Clinch? Kebekus und Flöther wollten Air Berlin und NIKI gemeinsam abhandeln. Deswegen hat Lackmann ja auch in Berlin angemeldet. Wäre ein großer, sehr lukrativer Auftrag für die Insolvenzverwalter gewesen. Ich habe das von Beginn an kritisiert, weil ich weiß, dass NIKI ein österreichisches Unternehmen ist. Ich habe es ja schließlich gegründet.
Mit welchen Partnern sind Sie diesmal ins Rennen gegangen?
Wie schon bei den beiden vorherigen Angeboten mit dem Reiseveranstalter Thomas Cook und dessen Airline-Tochter Condor. Ich brauche einen operativen Partner, um im März fliegen zu können. Beispielsweise für die Crewplanung und den Vertrieb. Das muss alles gelöst sein, sollten wir den Zuschlag bekommen.
Und die Flugzeuge? Die sind bei der Lufthansa gelandet.
Ich habe bereits mit der Lufthansa verhandelt. Wir haben uns 15 Flieger gesichert. Es wird drei bis vier Wochen dauern, bis die Airbusse von meiner Bedarfsfluggesellschaft Lauda Motion das notwendige AOC (Air Operator’s Certificate) bekommen. Vueling dagegen braucht ein neues AOC, das dauert mindestens drei Monate. NIKI muss aber im März schon fliegen, wenn der Sommerflugplan beginnt.
Sie haben der Belegschaft geschrieben, die Flugzeuge seien bereits ausgelastet. Wie soll das funktionieren?
Für alle 15 Flugzeuge haben wir die Auslastung schon organisiert. Mit Thomas Cook aber auch mit anderen Reiseveranstaltern wurden bereits entsprechende Vorgespräche geführt.
Wird Wien wieder der Haupt-Standort für NIKI?
Ja, NIKI hatte zuletzt hier nur noch zwei Flieger. Ich will Wien neu aufbauen und die Mehrheit der Flüge von hier durchführen. Das wird etwas dauern, denn der Großteil der Slots ist derzeit in Deutschland. Dort wollen wir auch fliegen, aber der Haupt-Standort ist Österreich.
Die Finanzierung ist gesichert? Der Gläubigerausschuss will Bankgarantien.
Sie können davon ausgehen, dass die Finanzierung gesichert ist. Den Kaufpreis kann ich natürlich nicht öffentlich nennen.
Können Sie etwas über Ihr Konzept verraten?
Die Lauda Air wurde 35- mal ausgezeichnet und war berühmt für ihr Service. Auch bei NIKI hatten wir nur positives Feedback. Heute ist es noch einfacher, sich zu unterscheiden, denn die Economy-Passagiere bekommen gar nichts mehr. Wir müssen die Passagiere anders von A nach B transportieren als die Konkurrenz. Gewinnen kann man nur durch Unterscheidung und ein besseres Produkt. DO&CO wird wieder an Bord sein.
Nochmals zu den Mitarbeitern. Bei der Lauda Air mussten die Flugbegleiter die Toiletten putzen und die Piloten von NIKI waren unter Ihnen bei einer Personalleasing-Firma angestellt. Sie hatten nie den Ruf, ein sozialer Arbeitgeber zu sein.
Bei mir mussten Flugbegleiter nie Toiletten putzen, so ein Blödsinn. Sie haben nur während eines Fluges das Papier erneuert und die Waschbecken abgewischt. So wie es heute bei allen Qualitätsairlines üblich ist. Die Personalleasingfirma wurde deswegen gewählt, weil der in der Branche übliche Kollektivvertrag für uns bei Flugzeiten und Flugplan-Änderungen zu stark limitiert war. Ich habe normal bezahlt und die Dienstzeiten und Vorschriften wurden immer alle eingehalten.
Was, wenn die Piloten einen Kollektivvertrag fordern?
Mit einem Kollektivvertrag habe ich überhaupt kein Problem. Es wird nicht einfach sein, die Mitarbeiter, die so viel Negatives erlebt haben, neu zu motivieren. Aber das wird meine Hauptaufgabe. Gemeinsam müssen wir zur alten Stärke zurück finden.
Etliche Pannen überschatten den Verkauf von NIKI. Zuletzt erhielt die britisch-spanische IAG/Vueling den Zuschlag. Durch den Rechtsstreit um die Insolvenz hieß es aber wieder zurück an den Start. Die erste Lösung mit der Lufthansa scheiterte an der Wettbewerbssituation.
Neben Vueling geht auch Airline-Gründer Lauda erneut ins Rennen. Er bietet gemeinsam mit dem Reiseveranstalter-Konzern Thomas Cook und dessen Airline-Tochter Condor. Mit im Rennen dürfte auch Ryanair sein. Der Gläubigerausschuss will am Montagnachmittag entscheiden.