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Aufregung um Kennzeichnungspf­licht für Lebensmittel

20-01-2018, 06:00

Der Tonfall hat sich geändert. Die Touristiker und die Landwirte sind jetzt "Freunde", sagt Landwirtschaftskammerpräsident Hermann Schultes bei der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin. Die beiden sind ja neuerdings sogar unter einem Dach – jenem von Ministerin Elisabeth Köstinger. Vielleicht weil man Freunde nicht sekkiere, hat Schultes seine Forderung nach der Herkunftskennzeichnung in den Speisekarten begraben. "Wir wollen die Gastronomie nicht bevormunden."

Dennoch muss er schauen, dass mehr Rohstoffe aus Österreich auf den Tellern landen. Etwa in Krankenhäusern, Schulen oder Kindergärten. Die öffentlichen Lebensmittelbeschaffung soll vom Billigst- aufs Bestbieterprinzip umstellen. Ein Vorhaben, das Köstinger bei der Grünen Woche als "Leuchtturmprojekt" bezeichnet. Vorbildlich sind hier die Niederösterreicher. Sie haben kürzlich in den Küchen ihrer Krankenhäuser aufs Bestbieterprinzip umgestellt. Den finanziellen Rahmen werde das nicht sprengen. Schultes: "Nicht einmal ein Prozent der Spitalskosten entfallen auf Lebensmittel."

Schielen auf Paris

Auch im Handel hat Köstinger in Sachen verpflichtende Lebensmittelkennzeichnung einiges vor. Als Vorbild hält das französische Modell her, wie auch im Regierungsprogramm nachzulesen ist. Diesem zufolge soll auch bei verarbeiteten Produkten ausgewiesen werden, woher das darin enthaltende Fleisch oder die Milch kommt, sobald diese einen dominanten Anteil am Produkt einnimmt. "Wir schauen uns an, ob es einen Mehrwert gibt", so Köstinger zum Pilotprojekt.

Die österreichische Lebensmittelindustrie ist alarmiert. Sie fürchtet eine "Inländerdiskriminierung". Schließlich kostet die Rückverfolgbarkeit der Rohstoffe Geld und schlägt sich so auf den Produktpreis nieder. "Wir brauchen einheitliche Spielregeln in ganz Europa", will Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin der Fachverbandes Lebensmittelindustrie, kein Vorpreschen Österreichs. Auf europäischer Ebene wird derweil "gebremst", wie auch Köstinger sagt.

Kosten-Nutzen-Rechnung

Dafür gibt es laut Koßdorff Gründe. Etwa Kosten-Nutzen-Rechnungen der EU-Kommission zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung. Ergebnis? "Der Kunde will den Preis dafür nicht zahlen", sagt Koßdorff.

Schultes bekräftigte das Recht der Konsumenten, zu erfahren, woher die Lebensmittel stammen. Auch bei den Eigenmarken der Handelshäuser solle die Herkunft künftig ausgelobt werden. Bei den Produzenten macht sich der Agrarier damit nicht nur Freunde. "Eigenmarken werden oft nach dem Billigstbieter-Prinzip ausgeschrieben. Es besteht die Gefahr, dass Qualität aus Österreich verramscht wird", warnt ein Industrie-Vertreter.

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