Das Steuerprivileg der Touristiker löst eine neue Gerechtigkeitsdebatte aus. "Wir fordern dringend, dass auch unsere Betriebe von der Steuer entlastet werden", sagt Bernhard Gerstberger, Fachverbandsgeschäftsführer der heimischen Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe in der Wirtschaftskammer.
Rückblende: Zwecks kurzfristiger Gegenfinanzierung der fünf Milliarden Euro schweren Steuerreform hob die rot-schwarze Koalitionsregierung Anfang 2016 gleich mehrere ermäßigte Mehrwertsteuer-Sätze von bisher zehn auf 13 Prozent an. Davon betroffen war die Mehrwertsteuer unter anderen auf lebende Tiere, Tierfutter, Schnittblumen, Kino-, Theater-, Zirkus-, Museums- oder Schwimmbadbesuche, Kultur- und Sportveranstaltungen – sowie auf Hotel-Übernachtungen. Letztere trat nach Lobbying-Erfolg der Touristiker erst am 1. Mai in Kraft und galt dann nur noch für die reine Nächtigung, nicht jedoch für das anschließende Frühstück.
Die von vielen Seiten als konsumentenfeindlich kritisierte Steuererhöhung sollte dem Fiskus immerhin 200 Mio. Euro an Mehreinnahmen bringen, wobei Beherbergungsbetriebe am meisten dazu beisteuern sollten.
Für den Tourismus ist die Sache bald vorbei, die Regierung will noch heuer die 13 Prozent wieder auf zehn Prozent reduzieren. Von den anderen, ebenfalls betroffenen Branchen ist keine Rede.
Gerstberger hat dafür wenig Verständnis, schließlich mussten auch die heimischen Kinobetreiber, Schausteller oder privaten Theater die Steuerkrot schlucken. Im Gegensatz zum Tourismus hätte die Preiserhöhung in diesem vergleichsweise kleinen Bereich der Finanz nur wenig Mehreinnahmen beschert, die einzelnen Betriebe aber enorm belastet.
So kämpfe die Kinobranche schon seit Jahren gegen stärker werdender Konkurrenz durch Streaming-Anbieter. Sowohl die Besucherzahl als auch die Anzahl an Kinobetrieben war 2016 leicht rückläufig. Für Innovationen wie neue Sound-Systeme müsse viel investiert werden, so Gerstberger, gleichzeitig könnten die Ticketpreise nicht einfach angehoben werden. Die Kinobesucher seien vorwiegend Jugendliche mit schmaler Brieftasche.
Für großen Ärger bei Hunde- und Katzenbesitzer sorgte die als "Tierfutter-Steuer" kritisierte Steuererhöhung auf die Tiernahrung. Branchenvertreter verwiesen schon im Vorfeld auf den enormen Wettbewerbsnachteil zum Nachbarn Deutschland, wo Tierfutter nur mit 7 Prozent besteuert wird. "Ich finde es extrem unfair und unangebracht, dass jetzt nur im Tourismus die Steuern gesenkt werden. Entweder alle oder keiner", bringt es Stefan Miklauz, Geschäftsführer der PetCo GmbH auf den Punkt.
Der Hersteller der österreichischen Premium-Hundefutter-Marke "Dog’s Love" hat im hoch kompetitiven Tierfutter-Markt die Steuererhöhung nicht eins zu eins weiterverrechnen können. "Bei unseren Produktpreisen macht es einen großen Unterschied, ob es 2,99 oder 3,01 Euro kostet", erzählt Miklauz. Viele Hundebesitzer hätten ohnehin wenig Geld und müssten auf jeden Cent achten. Dass die Hoteliers die Steuersenkung an die Gäste weitergeben werden, bezweifelt Miklauz: "Jeder Unternehmer will mehr Gewinn machen."
Hermann Aigner, Geschäftsführer von Fressnapf Österreich, ist ebenfalls "nicht glücklich" mit der höheren Steuer, "jede Änderung, egal welcher Art von Steuer, wirkt sich letztlich auch auf den Endverbraucher aus". Fressnapf selbst habe mit "Aktionen sowie einem Dauertiefpreis-Sortiment" darauf reagiert, negative Auswirkungen auf das Geschäft habe es es nicht gegeben.
Mit der höheren Steuer zu leben gelernt hat Bellaflora-Chef Alois Wichtl: "Ich freue mich für den Tourismus, aber bei uns ist das eigentlich kein Thema", sagt der Gartencenter-Betreiber aus Oberösterreich und hält nichts davon, "dass jetzt jede Branche mit ihren Forderungen daherkommt."