Die Flugrettung mit Hubschraubern hat sich in Österreich seit ihrem Beginn in den 80er-Jahren zu einer der stärksten in Europa etabliert. Die extremen Bedingungen in den Bergen machen Höchstleistungen erforderlich, neben erstklassigen Piloten sitzen wagemutige Notärzte und Sanitäter im Cockpit. Aber auch auf der technischen Seite ist Österreich in einigen Belangen Vorreiter.
Der ÖAMTC ist bei der heimischen Flugrettung federführend beteiligt. Er ist der größte Anbieter und betreibt neben 16 Stützpunkten auch eine Zentrale in Wiener Neustadt und eine in Innsbruck. Bei Wartung und Service hat er sich eine Top-Position erarbeitet. "Wir sind einer der besten Wartungsbetriebe Europas. Wir arbeiten nicht nur nach Minimalvorschriften, sondern auf höchstem Niveau", sagt Reinhard Kraxner, Geschäftsführer der ÖAMTC-Tochter Helikopter Air Transport (HaliAir).
Pro Jahr werden 45 Hubschrauber von 42 Mitarbeitern durch alle Wartungen durchgeschleust, und das sind nicht wenige. Dabei sind auch Hubschrauber ausländischer Kunden, unter anderem aus Ungarn, Finnland, Deutschland und der Schweiz. "Entscheidend ist die Qualität und die Durchlaufzeit", erklärt Kraxner. Pro Tag sind 1500 Euro Fixkosten fällig, auch wenn der Helikopter nur steht. Die Verfügbarkeit sei ein Riesenthema, wer rasch reparieren und Teile tauschen könne, sei im Vorteil. "Wenn man unterwegs ins Stehen kommt, wird es richtig teuer", sagt Marco Trefanitz, ebenfalls Geschäftsführer von HeliAir. Ein heikles Thema sind Ersatzteile. Die Techniker müssen achtgeben, dass sie keine gefälschten Ersatzteile kaufen, auch so etwas gibt es auf dem Markt. Deren Haltbarkeit und Sicherheit können mit Originalteilen nicht mithalten.
Helikoptermechaniker müssen eine lange Ausbildung durchlaufen. Ein Rotorblatt kostet 90.000 Euro, unsachgemäße Behandlungen kommen teuer. Aber auch die Piloten sind gefordert. Eine schlechte Landung, bei der alle vier Rotorblätter ein Hindernis touchieren, kann bis zu 400.000 Euro kosten. Sogar eine einfache Seitentür kommt auf 25.000 Euro.
HeliAir ist auch ein Design- und Produktionsbetrieb. Da beim Hersteller für Sonderteile "Apothekerpreise" zu bezahlen seien, müsse man sich immer wieder selber aushelfen, sagt Kraxner. So habe man bereits eine Schnittstelle für verschiedene Funkgeräte und ein Display entwickelt. Der jüngste Wurf ist ein selbsttragender Kokon, der die Geräuschbelastung eindämmt und an dem Geräte, wie EKGs oder Sauerstoffanlagen einfach montiert werden können. "Das spart bis zu 100.000 Euro in der 20- bis 25-jährigen Lebenszeit eines Hubschraubers", sagt Wolfgang Burger, Technischer Direktor der ÖAMTC-Tochter.
Eines der am häufigsten eingesetzten Modelle ist der Rettungshubschrauber EC135 des Herstellers Airbus. Das Modell erfreut sich bei Rettungsorganisationen besonderer Beliebtheit, da es das erste ist, das an die Bedürfnisse des Rettungsdienstes angepasst wurde. Derzeit sind weltweit 1300 Stück im Einsatz, die eine Hälfte im Rettungsdienst, die andere bei der Polizei. Vorher wurden Militärhubschrauber verwendet.
Besonderes Merkmal: das Heckrotorblatt für den Drehmomentausgleich ist gut geschützt verbaut, sodass das Unfallrisiko sinkt. Außerdem ist im Gegensatz zu Militärhubschraubern eine Seiteneinladung der Patienten möglich, was im unwegsamen Gebieten wichtig ist.
Voll beladen hat der Helikopter drei Tonnen, leer sind es knapp zwei. Zwei Turbinen liefern eine Leistung von 1400 PS. 1996 kostete das Modell 2,7 Millionen Euro, heute sind es 5,3. Die Hälfte der Preissteigerung ist der Inflation geschuldet, der Rest geht auf bessere Systeme und Materialien zurück.
Sogar Nachtsichtgeräte halten Einzug im zivilen Bereich. Auch HeliAir verfügt über derartige Geräte, die stets weggesperrt oder deren Verbleib penibel dokumentiert werden muss. Kostenpunkt pro Stück: 10.000 Euro. Das FBI stehe immer wieder unangemeldet vor der Tür um die korrekte Handhabung zu kontrollieren. Der Grund für die strengen Richtlinien: Würde ein Nachtsichtgerät in die Hände von Terroristen fallen, könnten sie enormen Schaden damit anrichten, da die Polizei in der Regel über solche Geräte nicht verfügt. "Mit den Geräten kann man in der Nacht Hasen, Blätter oder Kabel von Seilbahnen sehen", sagt Burger.
Als Schutz vor den gefürchteten Kabeln verfügen heutige Rettungshubschrauber über zwei messerscharfe Schneide-Einrichtungen, die das Kabel kappen, bevor es in den Rotor oder die Landevorrichtung gelangt. "Ein Helikopter ist generell gleich sicher wie ein Flugzeug", sagt Burger. Es käme nur deshalb öfter zu Unfällen, weil er näher am Boden operiert und es da mehr Hindernisse gebe.
Am häufigsten werden Hubschrauber bei internistischen und neurologischen Notfällen eingesetzt, wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle, auf die 50 Prozent der Flüge fallen. Alpine Freizeitunfälle machen zwölf Prozent aus, Verkehrsunfälle liege bei neun Prozent, deren Anteil ist aufgrund sicherer werdender Autos deutlich zurückgegangen.
Äußere Umstände können die Einsätze spannend machen, etwa wenn ein Passagier auf einem Donauschiff einen Herzinfarkt erleidet und der Hubschrauber auf dem Schiff landen muss. In den vergangenen Jahren hat die Flugrettung den Wegfall der Urlaubsdestinationen Türkei und Ägypten gespürt. Im Sommer dieses Jahres ist die Zahl der Einsätze wegen einer Zunahme der Outdoor-Aktivitäten deutlich gestiegen.