Österreichs Automarkt läuft auf Hochtouren. Im Vorjahr wurden 353.320 Pkw neu zugelassen, ein Plus von 7,2 Prozent zu 2016 und damit der zweitbeste Wert seit 2011 (siehe Grafik). Damals wurden u.a. die tiefen Sparzinsen als Grund genannt, warum in wirtschaftlich schlechteren Zeiten die Menschen viel Geld für ihr eigenes Gefährt ausgeben. Die Zinsen sind nach wie vor tief, die Wirtschaftslage hat sich aber deutlich gebessert. Das schlägt sich laut Klaus Edelsbrunner, Obmann des Fahrzeughandels in der Wirtschaftskammer, somit in den Zahlen nieder.
Die Debatte um Schadstoffe und drohende Fahrverbote in Städten hingegen scheint Autofahrer nicht vom Kauf abzuhalten. Im Gegenteil: Den stärksten Zuwachs gab es mit plus 11,5 Prozent bei Fahrzeugen mit mehr als 170 PS. Zudem gab es den höchsten Zuwachs bei Fahrzeugen mit einem CO2-Ausstoß von 151 bis 169 Gramm je Kilometer. Edelsbrunner führt dies vor allem auf den anhaltenden Trend in Städten zu sportlichen Geländewagen (SUV) zurück.
Günther Kerle, Vorsitzender der Autoimporteure, relativiert jedoch diese Zuwächse und einen möglichen negativen Einfluss auf die Umwelt. "Bei allen Messstellen in verkehrsnahen Zonen sind die Schadstoffe seit 2013 eklatant zurückgegangen." Im Vorjahr habe es im gesamten Land nur bei elf Messpunkten eine Überschreitung gegeben, davon nur eine in Wien (Hietzinger Kai). Ohnehin sei jeder Hersteller nach dem Dieselskandal extrem bemüht, die neueste Motorengeneration auf den Markt zu bringen. "Wir fordern daher einen sachlichen Zugang zu der Materie."
Das verspricht zumindest ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger. Er meinte dazu im Vorfeld der heute startenden Vienna Auto Show, dass die Regierung den Individualverkehr nicht einschränken wolle. Über Fahrverbote könnten aber Gemeinden autonom entscheiden.
Spurlos ist der Dieselskandal aber dann doch nicht an den Autokäufern vorübergegangen. Der Anteil des Diesel an den Neuzulassungen fiel nach vielen Jahren unter 50 Prozent. Alternative Antriebe kommen nun auf vier Prozent, wobei der reine Elektroantrieb einen Zuwachs von 3826 auf 5433 Stück aufweist. Damit liegt Österreich EU-weit hinter den Niederlanden auf Rang zwei. Das Plus ist vor allem auf Förderungen des Bundes und der Länder zurückzuführen. Die meisten E-Autos sind Firmenfahrzeuge.
Nach Marken blieb VW mit 16,6 Prozent der Neuanmeldungen Marktführer, der deutsche Autobauer konnte in Österreich voriges Jahr trotz Diesel-Skandals sogar um 3,9 Prozent zulegen. Skoda, 2016 noch an dritter Stelle, landete 2017 mit einer Zunahme von 19 Prozent und 7,1 Prozent Marktanteil in der Anmeldungsstatistik auf Platz zwei. Rückläufig waren die Neuzulassungen von Opel (minus 5,9 Prozent) auf Platz drei.
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Der Hype um Elektroautos ist im Autohandel und bei den KURIER-Lesern noch nicht wirklich angekommen. Das zeigte eine Podiumsdiskussion zum Thema „Mobilität der Zukunft“ im Vorfeld der Wiener Autoshow (Donnerstag bis Sonntag). „Wir werden noch lange mit Verbrennungsmotoren fahren, aber es wird ein Nebeneinander mehrerer Antriebe geben“, sagte Gregor Strassl, Vorstandssprecher des Wiener Importeurs Denzel. Der Abgesang auf den Diesel komme viel zu früh.
Dem schloss sich Günther Kerle, Vorsitzender der Autoimporteure, an. „Der Diesel wird wieder kommen, vielleicht nicht mehr so stark wie bisher, aber auch in naher Zukunft wird der Anteil bei knapp unter 50 Prozent liegen.“ Der Diesel werde uns noch die nächsten zehn bis 20 Jahre begleiten, auch um die strengen -Ziele der EU zu erreichen. Bis 2020 darf demnach der Ausstoß je Hersteller nur noch 95g/km betragen. Das geht sich laut Kerle nur mit dem Diesel aus, der deutlich weniger emittiert als der Benziner. Mittelfristig werde das E-Auto dann diese Rolle übernehmen. Erst 2050 sieht er das Aus für Verbrennungsmotoren.
Nicht ganz so skeptisch betrachtete Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds, die Lage. „Zum ersten Mal seit 100 Jahren sind fossile Antriebe unter Druck. Natürlich gibt es eine Übergangsphase, aber am Ende des Tages werden wir elektrisch fahren.“ Die Österreicher seien durchaus neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen, auch wenn diese anfangs teurer seien. „Daher nimmt die Politik jetzt Geld in die Hand für die Marktdurchdringung.“ Aber sicher sei es großteils richtig, dass die Technik noch nicht alltagstauglich sei, aber sie werde besser.
Wolfgang Wurm, Geschäftsführer von Seat Österreich, sieht vor allem bei der Batterie noch viel Potenzial. Der Dieselskandal habe zu einem Innovationsdruck geführt. Ähnlich wie beim Weinskandal in den 80er-Jahren werde es zu einer Verbesserung des Produkts, in diesem Fall dem Dieselmotor, kommen. „Aber letztendlich entscheidet der Kunde, wir bieten nur an.“