Dem Ruf der Politik folgte die ehemalige A1-Chefin ohne zu zögern.
KURIER: Sie waren politisch bisher ein unbeschriebenes Blatt. Wie kam es zum plötzlichen Wechsel in die Politik?
Margarete Schramböck: Sebastian Kurz hat Fachexpertinnen und -experten in die Regierung geholt, und ich war schon längere Zeit mit ihm im Gespräch zum Thema Digitalisierung. So kam es dazu, dass er mich gefragt hat.
Haben Sie lange überlegt?
Für mich war gleich klar, dass ich das machen möchte.
Wir stellen Ihnen jetzt die "Margaretchenfrage": Wie halten Sie’s mit der FPÖ?
Ich habe die FPÖ-Regierungskollegen bisher als sehr konstruktiv erlebt. Norbert Hofer als Infrastrukturminister wird ein wichtiger Partner sein. Beim Breitband-Ausbau vom Bregenzer Wald bis nach Eisenstadt werden wir an einem Strang ziehen.
Sie sind Digitalisierungsministerin, aber das Thema bleibt aufgeteilt. Wäre es nicht besser gewesen, die Kompetenzen in einem Ministerium zu bündeln?
Das Wort Digitalisierung kommt mehr als 200 Mal im Regierungsprogramm vor. Das kann kein Ressort zentral alleine machen. Wir haben aber Kernkompetenzen hier im Ministerium.
Sehr stark ist Ihr Ministerium eigentlich nicht. Es wurde geschrumpft – Tourismus und Wissenschaft sind weg.
Durch die Digitalisierung verändern sich die Zeiten und Berufsbilder, auch meine Rolle hat sich massiv verändert. Die Digitalisierung geht quer über alle Branchen. Das Ministerium hat neben der Digitalisierung auch die Aufgabe, den Wirtschaftsstandort zu stärken. Dritter Schwerpunkt ist die Vereinfachung von Regelungen für die Wirtschaft, etwa bei Genehmigungsverfahren.Das macht uns stark.
Zum Beispiel?
Nehmen Sie einen Eissalon: Derzeit muss man diese Betriebsanlage genehmigen lassen, das soll wegfallen.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stöhnen auch über komplizierte Regelungen bei der Lohnverrechnung. Kommen hier Verbesserungen?
Ja, wir haben einen KMU-Schwerpunkt geplant.
Sie kommen aus einem Konzernumfeld. Haben Sie denn überhaupt ein Herz für KMU?
Ein großes. Viele Jahre lang waren Klein- und Mittelbetriebe meine Kunden, ich habe ihnen Telefonanlagen verkauft, kenne ihre Nöte und Sorgen, die sind bei mir gut aufgehoben. Wir wollen auch die duale Berufsausbildung vorantreiben und starten 2018 eine Fachkräfteoffensive mit 13 völlig neuen Lehrberufen, etwa dem eCommerce-Kaufmann bzw. -Kauffrau.
Foto: KURIER/Jeff Mangione
Sie haben die Telekom Austria offenbar im Streit verlassen. Ist es nicht eine Genugtuung, jetzt als Ministerin Ihrem Ex-Chef Alejandro Plater gegenüber zu stehen?
Das Gegenteil war der Fall, wir haben uns am Ende gut geeinigt, sonst würde ich nicht hier sitzen. Er hat mir auch schon zur neuen Funktion gratuliert.
Wird er als CEO der Telekom Austria bleiben?
Die Telekom gehört zum Finanzministerium, nicht in meinen Verantwortungsbereich.
Wie soll es aber grundsätzlich mit der Telekom Austria weitergehen? Sie nimmt ja eine wichtige Rolle in der Digitalisierungsstrategie des Bundes ein?
Die Telekom- und IT-Branche in Summe wird eine zentrale Rolle spielen, nicht nur ein Unternehmen allein.
2018 werden die 5G-Frequenzen für das Internet der Zukunft versteigert. Sollen die Lizenzen regional oder bundesweit vergeben werden?
Das Wichtigste ist die Implementierung. Wir wollen beim 5G-Standard vorne mit dabei sein. Es geht nicht darum, wie die Frequenzen ausgeschrieben oder wie Einnahmen maximiert werden, sondern wie die Umsetzung erfolgt. Die letzte Frequenzauktion war suboptimal. Es gab zwar Einnahmen, aber die Netzbetreiber hatten danach wenig Kraft, die Sache auch auszurollen. Dann dauert so etwas sehr lange. Es nutzt wenig, nur die Frequenzen zu versteigern, die Bandbreiten dann aber nicht in die Haushalte zu bringen. Da werde ich mich einbringen.
Die Frequenzauktion eignet sich für den Staat also nicht zur Gegenfinanzierung von Steuerversprechungen?
Das darf nicht oberstes Ziel sein. Es geht hier um die Förderung des Breitbandausbaus. Gelingt dieser, gibt es ohnehin mehr Steuereinnahmen, weil Firmen produktiver sein können, mehr exportieren und Jobs schaffen.
Sind Sie für Tablets in allen Schulklassen, wie von Ex-Kanzler Kern vorgeschlagen, oder sehen Sie wie manche Bildungsexperten den frühen Einsatz als problematisch an?
Ich habe schon mit dem neuen Bildungsminister über das digitale Klassenzimmer gesprochen. Ich denke, man braucht beides und muss tun, was für die Entwicklung des Kindes am besten ist. Digital ist wichtig, spielerisch damit umzugehen auch. Ich bin aber nicht grundsätzlich dafür, jedem Schüler ein Tablet zu geben. Da muss man genauer hinschauen und ein Gesamtkonzept erarbeiten. Das Tablet für alle ist höchstens eine Marketingmaßnahme, löst aber noch kein Problem in der Bildung.
Soll jeder Schüler programmieren lernen?
Grundkenntnisse in diesem Bereich sind sicher gut, ob es sich umsetzen lässt, müssen wir uns anschauen. Wir wollen die Schüler ja auch nicht gleich verschrecken. Bildung ist aber auch ein wesentlicher Faktor für das Wirtschaftswachstum.
Foto: KURIER/Jeff Mangione
Themenwechsel. Sind Sie für die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern?
Ich finde die Pflichtmitgliedschaft gut, es muss aber auch das Preis-Leistung-Verhältnis passen. Hier sind die Sozialpartner mit Ideen gefordert.
Ihr Vorgänger Harald Mahrer forderte ein Ende des neuen Klassenkampfes zwischen den Sozialpartnern. Sie auch?
Wie in jedem Betrieb muss es ein konstruktives Miteinander, nicht Gegeneinander geben.
Wie stehen Sie eigentlich zur Frauenquote? Soll es eine gesetzliche Quote auch in Vorständen geben?
Ich finde es sehr gut, dass die gesetzliche 30-Prozent-Quote in Aufsichtsräten eingeführt wird. In Deutschland hat das auch funktioniert. Ich kenne viele tolle Frauen, die diese Aufgaben sehr gut wahrnehmen können.
Sie haben bei NextiraOne eine 50-Prozent-Quote im Vorstand gehabt. Ein Vorbild?
Auch bei der A1 hatten wir fast 50:50. Es war nicht schwer, die Frauen dafür zu finden. Und sie haben den Job auch gleich angenommen. Wichtig ist, dass es auf allen Management-Ebenen genug Frauen gibt, damit sie dann quasi hinaufwachsen können.
Bei der Telekom Austria ist man von der 30-Prozent-Quote im Aufsichtsrat aber noch weit entfernt?
Das wird sich wegen der gesetzlichen Quote wohl ändern ...
Margarete Schramböck
Die 47-jährige Tirolerin scheute sich nie, einen Karriereschritt zu setzen. Die Parteilose werkte bei Alcatel, NextiraOne (als Geschäftsführerin) und zuletzt als A1-Chefin. Zwei Tage nach der Nationalratswahl schied sie im Streit mit Telekom-Österreich-Boss Alejandro Plater aus. Heuer wurde sie von der Wiener Wirtschaftsuni als „Managerin des Jahres“ ausgezeichnet. Jetzt ist sie für Digitalisierung und Standort in der Regierung zuständig.