Mit rund drei Prozent wächst die heimische Wirtschaft heuer so rasch wie schon seit zehn Jahren nicht mehr. Erstmals seit fünf Jahren schafft Österreich ein signifikant höheres Tempo als Deutschland und der Durchschnitt der Eurozone. Für nächstes Jahr sind Martin Kocher, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), und Christoph Badelt, Boss des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), ebenfalls optimistisch – wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung (siehe Grafik). Exporte, Investitionen der Unternehmen in Ausrüstungen und der Konsum: Die Konjunktur ruht auf drei robusten Säulen. Die neue Regierung bekomme zum Start eine ungewöhnlich gute Konjunkturdividende, stellen die Experten fest. In der jetzigen Boomphase sollten sinnvolle Strukturmaßnahmen angegangen werden, ohne das Defizit auszudehnen.
Trotz der "positiven Weihnachtsbotschaft", wie der WIFO-Chef es formuliert, haben die Forscher allerdings auch große Probleme identifiziert, die dringend gelöst werden müssen:
Lange ohne Job
Bereits 36 bis 38 Prozent der Arbeitslosen sind länger als ein Jahr ohne Job. Das sind in Summe 148.000 Personen. Die Mehrheit davon fällt in die Altersgruppe 50plus. Ist der Beschäftigungsbonus (zwei Milliarden Euro schwere Lohnsubvention für zusätzliche Mitarbeiter) ein probates Mittel, um die hohe Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen? "Es ist nicht sinnvoll, das fortzusetzen", findet Badelt, weil es starke Mitnahmeeffekte gebe. Sprich: Unternehmen stellen in der jetzigen Hochkonjunktur ohnehin Mitarbeiter ein und werden trotzdem dafür gefördert. Die "Aktion 20.000" für ältere Langzeitarbeitslose habe es sich dagegen verdient, dass sie fortgesetzt wird, wenn auch in kleinerer Form. Qualifizierung und mehr Maßnahmen für Gesundheit am Arbeitsplatz sehen die Forscher als dringend nötig an.
Die Regierung hat sich eine "Arbeitslosenversicherung Neu" vorgenommen, mit der Menschen ohne Job früher in der Mindestsicherung landen würden. Das stehe möglicherweise im Widerspruch zu einem anderen Regierungsplan, nämlich die Altersarmut zu bekämpfen, meinen die Experten. Mehr Menschen mit Mindestsicherung würde auch die Bundesländer stärker belasten.
Inflation
Die heimische Teuerungsrate ist um 0,5 Prozentpunkte höher als jene in Deutschland. IHS-Chef Kocher für das auf die deutlich rascher steigenden Dienstleistungspreise in Österreich zurück. Eine Entrümpelung der Gewerbeordnung und der Bürokratie würde für mehr Anbieter und mehr Wettbewerb und dadurch sinkende Preise sorgen, sagt Kocher. "Da gibt es einen gewissen Spielraum, ohne Gefahr für Leib und Leben."
Foto: /Grafik