Verhalten positive bis abwartende Reaktionen kommen nach der Präsentation des Regierungsprogramms von Wirtschaftsforscherseite. Wifo-Chef Christoph Badelt sagte gegenüber der APA, klar sei, dass sich das Ziel der Abgabensenkung "wie ein roter Faden" durch das Programm durchziehe. Fiskalrat-Präsident Bernhard Felderer zeigte sich erfreut, dass Probleme wie die hohe Abgabenquote klar benannt werden.
Für Badelt ist das Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ ein "Abbild der politischen Pläne, das erkennt man sehr deutlich". Bemerkenswert sei, dass das Programm zum Teil sehr detailliert und umfangreich sei, sich aber in manchen Punkten noch deutlichen Spielraum offen lässt, sagte der Wifo-Chef in einer ersten Einschätzung gegenüber der APA. Er interpretiere das so, dass sich die Parteien teils noch Spielraum in den Verhandlungen lassen wollen. So würden sich etwa relativ wenige steuerliche Vorhaben finden, die schon konkret sind. Die Frage, wo man wirklich einsparen kann, sieht Badelt offengelassen.
Als "bemerkenswert" detailliert bezeichnete Badelt die Vorschläge zum Bürokratieabbau - bei dem die künftige schwarz-blaue Koalition laut Programm die Abschaffung "sinnloser" Regulierungen erreichen will, etwa durch die Einführung eines "Bürokratiekostenchecks" nach deutschem Vorbild oder den Plan, dass alle neuen Gesetze einem Bürokratie-Check unterworfen werden sollen.
Der Wirtschaftsforscher rechnet allerdings damit, dass bei der Umsetzung der Vorhaben von zahlreichen Seiten Widerstand kommen wird. "Die wirkliche Stärke der Regierung kann sich dann erst in der Umsetzung zeigen."
Auch Felderer merkte an, man müsse noch die genaue Ausgestaltung der Pläne abwarten. Grundsätzlich sieht er aber ein "detailliertes, moderne Programm", wie er "als Privatperson" und nicht in seiner Funktion als Fiskalrats-Präsident gegenüber der APA sagte.
Erfreut zeigte sich Felderer vor allem darüber, dass die Regierung die Probleme benannt habe, neben der hohen Abgabenquote etwa das Problem der Planungs- und Rechtssicherheit, die laut Regierungsprogramm aufgrund der "sich permanent ändernden Rechtslage" in der Vergangenheit "oft auf der Strecke" geblieben sei. "Die haben kapiert, worum es geht", fand Felderer lobende Worte - auch angesichts dessen, dass es im Regierungsprogramm ein klares Bekenntnis zu Einsparungen gibt.
Positiv hervorgehoben wurde von Felderer die bereits sehr konkret angeführte Abschaffung des Beschäftigungsbonus und das "Einfrieren" der Aktion 20.000 auf 5.000 Plätze - Maßnahmen, die bei gut gehender Konjunktur nicht mehr notwendig seien, wie er betonte.
Die angepeilte Senkung der Abgabenquote in Richtung 40 Prozent stehe ja schon länger auf der Agenda von ÖVP und FPÖ, erinnerte Felderer. Gut sei, dass dieses Ziel nun auch festgeschrieben wurde. "Das war mir sehr wichtig. Hier verpflichten sie sich und das ist ein wichtiger Programmpunkt."
Auch Badelt hält das Ziel der Senkung der Abgabenquote in Richtung 40 Prozent unter ökonomischen Betrachtungspunkten für sinnvoll. "Wichtiger ist aber die Struktur der Abgaben", so Badelt. Es gehe darum, "wer wird konkret mit welchen Anreizen entlastet". In diesem Zusammenhang könne man sich auch eine Änderungen bei den Ausnahmen in der Steuergesetzgebung ansehen - dies allerdings unter dem Gesichtspunkt der Gegenfinanzierung der angestrebten Tarifreform.
Die während des Wahlkampfs vonseiten der ÖVP genannte Höhe eines Entlastungsvolumens von bis zu 14 Mrd. Euro lässt sich für Badelt noch nicht aus dem Programm herauslesen. Der Wifo-Chef verwies darauf, dass er aber von Anfang an gesagt habe, dass das nicht unmöglich sei, "aber man muss das erst umsetzen".
Skeptisch äußerte sich Felderer zum geplanten "Familienbonus Plus", der Steuergutschriften von 1.500 Euro pro Kind bringen soll. "Das kostet einen Haufen Geld", das müsse man sich noch einmal hinsichtlich der Ausgestaltung genau anschauen. Positiv erwähnte Felderer den Plan, beim Eigentumserwerb zum eigenen Wohnbedarf staatliche Gebühren und Steuern abschaffen zu wollen. Auch dass die künftige Koalition die Sozialausgaben durchforsten will, hält Felderer für gut. Er hinterfragt vor allem die Treffsicherheit der Sozialleistungen. Diese müsse aber überall erhöht werden, etwa auch im Bereich der Förderungen.
Zu wenig weit gehen Felderer die Pläne bei der Körperschaftssteuer (KöSt). Er würde nicht nur - wie geplant - eine Senkung auf nicht entnommene Gewinne anstreben, sondern auf eine Senkung der KöSt insgesamt abzielen. "Damit würden wir einem internationalen Trend folgen", außerdem sei dies leichter zu realisieren.
Als "sicher gut" bezeichnete Badelt den Plan einer Neukodifizierung des Einkommenssteuergesetzes. Die Abgabenstrukturreform greift ihm allerdings nach derzeitigem Stand zu wenig weit. Zur Entlastung des Faktors Arbeit müsse seiner Meinung nach mehr getan werden. Dass es punkto Tarifreform noch keine konkreten Pläne gibt, außer der allgemeinen Absichtserklärung, dadurch die Lohn- und Einkommensteuer zu senken, wundert Badelt nicht. "Innerhalb so kurzer Zeit kann man nicht eine Steuerreform ausverhandeln."