logo



[email protected]

Arbeit ohne Rhythmus

7-12-2017, 06:13

Die innere Uhr kommt durcheinander, wenn man in einem Beruf arbeitet, der den Wechsel von Tag- und Nachtdiensten mit sich bringt. Ein normaler Schlafrhythmus, der laut Experten bei Erwachsenen eine Schlafdauer von sieben bis acht Stunden verlangt, lässt sich mit dem Arbeitsalltag oft nicht vereinbaren. Für Erwerbstätige bedeutet das häufig schlaflose Nächte, tägliche Müdigkeit und andere physische und psychische Beschwerden. Dies betrifft jedoch nicht nur die klassischen Berufe: Immer mehr Menschen und Berufsgruppen arbeiten mit flexiblen Arbeitszeiten.

Überstunden, 12-Stunden-Tage

Ein ausgewogener Lebensstil und ein gut balanciertes Verhältnis zwischen Arbeit und Privatleben werden dann zur Herausforderung. Auch mit Überstunden werden die klassischen "9-to-5-Jobs" ausgehebelt. Diese Arbeitsbedingungen haben Auswirkungen auf Körper und Geist. Mehr als 600.000 Menschen arbeiten in Österreich laut Statistik Austria in Schicht-, Wechsel- oder Nachtarbeit. Für Unternehmen ist ein Betrieb, der rund um die Uhr läuft, aus ökonomischer und technischer Sicht sinnvoll, vor allem in der Produktion. Betroffenen kann diese Arbeitsweise allerdings auf verschiedenen Ebenen Probleme bereiten.

Auswirkungen

Meist macht sich die Überbelastung durch Schlafstörungen bemerkbar. Denn Nachtarbeiter müssen tagsüber schlafen. Dieser Schlaf ist jedoch meist kürzer als der Nachtschlaf, die Schlafqualität ist ebenfalls schlechter. Die Folgen sind Beschwerden im Magen-Darm-Trakt: Appetitstörungen, Verdauungsprobleme bis hin zu chronischen Erkrankungen wie Gastritis oder Magengeschwüre können die Folge sein. Ein weiterer Risikofaktor sind Herz-Kreislauf-Probleme, die gerade bei älteren Arbeitnehmern zunehmen. Nicht zu vergessen sind die Auswirkungen auf das psychische Wohl, die eng mit den körperlichen Beschwerden verbunden sind. Diese äußern sich häufig in einer inneren Unruhe, die im schlimmsten Fall Depressionen oder ein Burn-out hervorrufen können.

Einmal Tag, einmal Nacht

Magdalena Schönhuber ist Krankenschwester. "Mit Leib und Seele. Für den Beruf muss man irgendwie geboren sein. Er gibt nämlich einige Dinge, mit denen viele nicht klarkommen würden", sagt sie. Neben den grundsätzlichen Dingen, wie dem Umgang mit kranken Menschen und dem Tod, nennt Schönhuber auch die Arbeitszeiten als klaren Nachteil. "Der Wechsel zwischen Tag- und Nachtdienst ist körperlich und psychisch eine Herausforderung. Gerade am Anfang habe ich mir damit sehr schwer getan." Die 28-jährige spricht von Schlafproblemen, Appetitlosigkeit und ständiger Müdigkeit. "Nach sechs Jahren in dem Beruf haben sich mein Körper und mein Geist aber daran gewöhnt. Aber ich bemerke immer wieder bei Neulingen aber auch bei älteren Kollegen, dass der Schichtdienst oft an die Substanz geht."

Innere Uhr

Robert Paul, Facharzt für Neurologie, erklärt die Auswirkungen auf den menschlichen Körper so: "Es besitzen praktisch alle tierischen Lebewesen eine innere Uhr, die genetisch gesteuert und durch äußere Zeitgeber wie Licht an die Umweltbedingungen angepasst wird. Diese Rhythmen ermöglichen nicht nur erholsamen Schlaf, sondern steuern die Erholung in der Nacht und die Energie tagsüber." Er sieht Schichtarbeit in diesem Zusammenhang äußerst kritisch. Es solle aus ethischen Gründen nur dort stattfinden, wo es eine Notwendigkeit darstellt. "Da davon auszugehen ist, dass Schichtarbeit vielfach zu früherer Erkrankung und Tod führt, wären besondere Ruhe- und Urlaubsbedingungen sowie eine frühere Berentung mit Begünstigung der Pensionshöhe gerecht", so Paul. Er glaubt, dass sich viele damit abfinden, schlecht zu schlafen und müde zu sein. Dies gehöre eben zum Job. Hier sollte ein Umdenken stattfinden und professionelle Hilfe angenommen und gefördert werden. - Barbara Heiss.

Nachrichtenquelle


© 2017-2024 wienpress.at [email protected]