Die Stimmung in der heimischen Pharmaindustrie ist schlecht. Schuld daran ist nicht nur die Blamage Wiens bei der Bewerbung um die EU-Arzneimittelagentur EMA, sondern ein grundsätzlich innovationsfeindliches Klima im Land. Dies geht zumindest aus einer Umfrage des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI) unter ihren 27 Mitgliedsbetrieben hervor. Diese bewerteten das aktuelle Innovationsklima im Land so negativ wie schon lange nicht. Nur zwei von acht abgefragten Parametern – die Verfügbarkeit geeigneter Mitarbeiter sowie die Aus- und Weiterbildung – lagen im positiven Bereich.
"Vor allem die Akzeptanz der Pharmaindustrie innerhalb des Gesundheitssystems wird besonders negativ bewertet. Es herrscht generell eine pharmafeindliche Grundstimmung im Land", klagt FOPI-Generalsekretär Ronald Pichler. Die Pharmaindustrie werde immer nur als Kostentreiber, nicht aber als Lösungsanbieter gesehen. Schlechte Noten gab es auch für den Marktzugang für neue Medikamente und das politische Umfeld.
Foto: AbbVie
"Investitionen in Forschung & Entwicklung werden zuwenig wertgeschätzt", beobachtet Ingo Raimon, Präsident der FOPI und Österreich-Chef des Pharmaunternehmens AbbVie. Ohne entsprechender Rahmenbedingungen werde Österreich im globalen Wettbewerb der Innovationsstandorte aber kaum wahrgenommen. Die Ansiedelung der EMA wäre diesbezüglich "ein wichtiger Impuls" gewesen.
An die nächste Regierung richtete die Pharmalobby sieben Forderungen. Unter anderen erwartet sie "mehr Sachlichkeit" bei der Kosten/Nutzen-Bewertung neuer Arzneimittel. Nicht nur der individuelle Nutzen für die Patienten, sondern auch die volkswirtschaftlichen Effekte wie längere Arbeitsfähigkeit sollten mitberücksichtigt werden. Um Österreich als Standort für Spitzenmedizin abzusichern, sollte eine Koordinierungsstelle für klinische Studien eingerichtet werden.
Laut FOPI, hinter dem Konzerne wie Novartis, Pfizer, Merck oder Eli Lilly stehen, generiert die Pharmaindustrie in Österreich eine Wertschöpfung von 4,8 Mrd. Euro und beschäftigt mehr als 18.000 Mitarbeiter.