Ein kleiner Staat in Europa, schneebedeckte Berge und kristallklare Seen: Wer will, könnte durchaus Ähnlichkeiten zu Österreich erkennen.
ist allerdings ein fiktiver Staat in einer EU-Lern-App für Kinder und Jugendliche. Das Spielprinzip ist recht simpel: Der Spieler regiert "Taxlandia", indem er Steuern einhebt und das Geld so ausgibt, dass seine Bürger möglichst glücklich sind.
Also eigentlich das, was in den Koalitionsverhandlungen gerade debattiert wird. Bekanntlich streben ÖVP und FPÖ eine Senkung der Abgabenquote auf 40 Prozent an.
Fakt ist: Ein Drittel dieses Weges ist ganz ohne türkis-blaues Zutun schon erreicht. Wie die OECD in ihrem Steuerbericht 2017 am Donnerstag feststellte, ist Österreichs Abgabenquote 2016 von 43,67 auf 42,68 Prozent gesunken. Das ist der größte Rückgang unter allen reichen Industriestaaten; nur Neuseeland, Belgien und Italien verzeichneten ebenfalls sinkende Steuer-Anteile.
Foto: /Grafik Zu verdanken ist das der Entlastung durch die Steuerreform und dem kräftigen Wirtschaftswachstum. OECD-weit liegt Österreichs Steuer- und Abgabenquote aber noch im Spitzenfeld, auf Rang 7 von 35 Staaten. Ganz vorne ist mit 45,94 Prozent Abgabenquote Dänemark – das sonst oft als wirtschaftspolitisches Vorbild zitiert wird.Unter den angepeilten 40 Prozent lag Österreichs Abgabenquote übrigens zuletzt 1991. Ihren Höchstwert hatte sie 2001 bei 44 Prozent erreicht – jenes Jahr, in dem Finanzminister Grasser das angebliche Nulldefizit feierte.
Und was könnten die ÖVP- und FPÖ-Verhandler von "Taxlandia" lernen? Zumindest in einem Punkt ist die EU-App realitätsnah: Die Vorgängerregierung hat ein tiefes Loch in der Kassa hinterlassen. Spielräume für Steuersenkungen gibt es in "Taxlandia" also rein gar nicht.
Somit heißt es als Erstes: Rauf mit den Steuern. Polizei und Feuerwehr, der Staudamm müssen erneuert werden? Weiter rauf mit den Steuern. Mehr Grünflächen, ein neuer Bahnhof, das Theater renovieren? Kein Problem, die Bürger von "Taxlandia" lassen’s geduldig mit sich machen. Ihrer Zufriedenheit tun höhere Steuern erstaunlicherweise kaum einen Abbruch. Die Entwickler der App wollten offenbar vermitteln, dass die Zufriedenheit der Bürger von mehr Faktoren abhängt als von der Höhe der Steuern.
Was gehörig schief gegangen ist: Der Tenor lautet "üble Propaganda", andere Kommentare von Usern sind nicht druckreif. Die EU-Botschaft, die bei ihnen hängen blieb: Wer die Bürger glücklich machen will, muss höhere Steuern einheben. Was ebenso unsinnig ist wie die gegenteilige Behauptung.
Die Abgabenquote senken: Das ist keine Erfindung von ÖVP/FPÖ, es stand auch in Kerns "Plan A". Aber ist das überhaupt eine sinnvolle Zielgröße? Nein. Anders als suggeriert wird, sagt der Wert nämlich nichts darüber aus, ob ein Staat schlank oder aufgebläht ist.
Ein Beispiel: Die Familienbeihilfe ist in Österreich eine Transferleistung, erhöht also die Abgabenquote. Wäre sie hingegen als Steuerabsetzbetrag ausgestaltet, würde die Quote schlagartig sinken – das ändert zwar rein gar nichts, sieht aber besser aus. Andere Länder glänzen mit niedrigen Werten, weil die Bürger ihre Beiträge zur Pensions- und Gesundheitsvorsorge (teils freiwillig, teils verpflichtend) an privatwirtschaftliche Träger einzahlen.
Das Ziel einer Abgabenquote von 40 Prozent darf somit kein Selbstzweck sein – entscheidend ist, dass die Regierung effizienter wirtschaftet. Sonst bleibt das reines Polit-Marketing, ähnlich wie KHGs "Nulldefizit" 2001: Das hat sich nachträglich als Mogelpackung erwiesen und wurde nur erreicht, weil Österreich seine Goldreserven verscherbelt hat. Kein Vorbild.