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Wie Neuburger Wurst ohne Wurst macht

21-11-2017, 06:00

Ausgerechnet der Fleischer Hermann Neuburger behauptet von sich, so gut wie jedes Veggie-Produkt Europas verkostet zu haben. Geschmeckt hat ihm kein einziges, sagt er. Damit ist das Thema vegetarische Kost aber nicht erledigt. Im Gegenteil.

Der Produzent des Brotbelags, den man laut Werbung niemals Leberkäs nennen darf, baut sich ein zweites Standbein auf. Ausgerechnet ein vegetarisches. Dafür hat er lange mit den Fleischersätzen Seitan, Soja und Pilz experimentiert und ist auf den Kräuterseitling gekommen.

"Er ist von der Konsistenz fleischähnlich und ohne ausgeprägtem Pilzgeschmack", erläutert Neuburger. Also perfekt für Würstl ohne Wurst.

Pilzzucht

Es gibt bei dem Pilz aber ein Manko, erklärt sein Sohn Thomas, der seit 2015 im Betrieb arbeitet: "Es gibt zu wenige davon am Markt. Deswegen züchten wir sie jetzt selbst." Und zwar in acht neuen Hallen, die das oberösterreichische Familienunternehmen am Firmenstandort Ulrichsberg hochzieht. Der Kräuterseitling lässt sich leicht auf Holz züchten und wächst auch in der Natur auf eher kargen Böden.

Knapp zwei Millionen Euro sind schon in die Fleischlos-Schiene Neuburgers geflossen, ein großer Teil davon in die Produktentwicklung. Bis sechs Artikel marktreif waren, haben Köche aber 5000 Rezepte ausprobiert, sagt der Seniorchef. Derzeit ist das Veggie-Projekt noch in der Testphase. Seit einem Jahr verkauft Neuburger unter der Marke "Hermann fleischlos" Gyros, Bratstreifen und Würstel ohne Fleisch in österreichweit 300 Märkten. Von Interspar über Billa und Merkur bis zur Bio-Kette denn’s. Der Start in zwei Bio-Ketten in Deutschland soll demnächst bevorstehen. Läuft alles nach Plan, will Neuburger in einer dritten Ausbaustufe wöchentlich 20 Tonnen Pilze ernten und verarbeiten.

Bleibt die Frage, wie viele Menschen Wurst ohne Wurst kaufen wollen.

In den vergangenen Jahren hoben die Verkaufszahlen von veganen und vegetarischen Produkten ab – wenn auch von einem niedrigen Niveau aus startend. Damit scheint vorerst Schluss zu sein. Seit ein paar Monaten sind die Verkaufszahlen sogar rückläufig, bescheinigen die Marktforscher von GfK.

Fleischtiger

Hermann Neuburger will ohnehin auch seinen Wurzeln, der Fleischverarbeitung, treu bleiben. 1986 hat er den Betrieb von seinem Vater übernommen und das Wurstsortiment radikal zusammengestrichen. Übrig geblieben ist ein einziges Produkt, in das die ganze Werbung geflossen ist: der Neuburger. Über Umsätze und Gewinne redet der Firmenchef ungern. Nur soviel: "Wir produzieren heute an einem einzigen Tag so viel, wie wir Mitte der 1980er in einem Jahr hergestellt haben."

Handelsmarken für die Supermärkte zu produzieren, bleibt für ihn weiterhin ein Tabu. "Damit würden wir uns austauschbar machen und in einen Preiskampf begeben."

Als Wachstumsmarkt sieht Neuburger vor allem Deutschland, schon jetzt kommen 40 Prozent seines Umsatzes aus dem Nachbarland. Der Leberkäsmarkt in Österreich stagniert.

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