Seit vier Jahren wird in Brüssel über eine neue EU-Biorichtline verhandelt. Das Ergebnis sorgt für Stirnrunzeln bei Politikern und Bio-Bauern. Weder das Gesundheits- noch das Landwirtschaftsministerium sind mit dem Vorschlag einverstanden. Bio-Austria-Obfrau Gertraud Grabmann befürchtet eine Bürokratieflut und steigende Preise für Bioprodukte. Am Montag wird in Brüssel über die neue Verordnung abgestimmt. Der Ausgang ist offen.
Dass die neue Bio-Verordnung mehr Kontrollen vorsieht, kling gut. Der Konsument bekommt mehr Sicherheit, dass auch bio drinnen ist, wenn bio draufsteht. Dass allerdings in Zukunft nicht nur Bauern, sondern auch noch Händler testen lassen müssen, ist für die Ministerium etwas zu viel des Guten.
In Österreich ist die Pestizidfreiheit von Bio-Lebensmitteln kein großes Problem. Es wurden zwar auch schon höhere Pestizidrückstände im Bio-Salat entdeckt, aber das war vor neun Jahren. Seither hat sich viel verändert. Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel werden hin und wieder in Importwaren gefunden. Vor zwei Jahren wurden Tee aus Sri Lanka und Avocados aus Peru aus dem Verkehr gezogen, weil sie als Bio-Produkte deklariert waren, aber beträchtliche Pestizidrückstände enthalten hatten.
Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Pestizide können durch Wind kilometerweit verfrachtet werden und so auch auf Flächen für Bio-Landwirtschaft gelangen. Wenn eine solche Verunreinigung entdeckt wird, können die landwirtschaftlichen Produkte nicht mehr als bio verkauft werden. Dem Bauern entsteht ein Schaden, den er theoretisch einklagen kann. Doch wen soll er klagen? Wie soll der Bio-Bauer beweisen, woher die Pestizide kamen?
In anderen EU-Ländern gibt es Grenzwerte für die Belastung von Bio-Produkten, die deutlich unter den Grenzwerten für konventionelle Nahrungsmittel liegen. Das bleibt auch so. Die neue EU-Bioverordnung sieht hier keine Harmonisierung vor.
Immerhin ist in der neuen Verordnung vorgesehen, dass künftig auch altes Saatgut verwendet werden darf, das nicht den üblichen Zulassungsprozess durchlaufen hat. Der Verein Arche Noah, der sich für die Erhaltung der Pflanzenvielfalt einsetzt, tritt vehement für den Beschluss der Richtlinie ein.
Bio-Austria-Obfrau Gertraud Grabmann findet das gar nicht nett. "Wer partiell vorhandene positive Ansätze, etwa im Bereich Saatgut, überhöht und gleichzeitig Probleme in wesentlichen Kernbereich kleinzureden versucht, der handelt eindeutig nicht im Interesse der Biobäuerinnen und Biobauern", lautet ihre Kritik.