Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA trifft Vorkehrungen, falls Großbritannien im März 2019 ohne geregeltes Abkommen aus der EU ausscheidet. "Notfallplan klingt mir zu alarmistisch. Aber ja, wir bereiten uns auch für einen harten Brexit vor", sagte ESMA-Chef Steven Maijoor am Dienstagabend in Wien. Weil das ein Risiko für die Finanzmärkte wäre, sei es das Beste, dieses Szenario zu vermeiden – "für beide Seiten".
Als betroffene Bereiche nannte der Holländer den europäischen Aktienhandel, der zu 60 bis 70 Prozent über London läuft. Oder das Derivate-Clearing, das sogar zu 90 bis 95 Prozent dort abgewickelt wird. Oder britische Fonds und Finanzservices, die in den EU27-Ländern verkauft werden. All das stünde bei einem chaotischen Austritt ohne Rechtsbasis da.
Ein wachsames Auge hat Maijoor auf virtuelle Währungen wie Bitcoin. ESMA habe heuer 80 "Initial Coin Offerings" (ICO) identifiziert, die über digitale Währungen 400 Mio. echte Euro lukrieren wollten. "Ein Großteil findet außerhalb der Aufsichtssphäre statt", so Maijoor.
ESMA hat Anleger kürzlich vor möglichen Totalverlusten gewarnt. Die Szene sei intransparent und anfällig für Betrug. "Ein bisschen Wilder Westen", sagte Klaus Kumpfmüller, Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA). Sollten die Volumina weiter steigen, werde es wie beim Crowdfunding eine Regulierung brauchen. Die FMA hat eine Kontaktstelle eingerichtet, die Fintechs berät, ob sie mit der Aufsicht in Konflikt kommen.
ESMA beschäftigt rund 250 Mitarbeiter und hat ihren Sitz in Paris. Die Behörde wurde zusammen mit EIOPA (Versicherungen) in Frankfurt und EBA (Banken) in London 2011 in Reaktion auf die Finanzkrise gegründet.
-Pressegespräch zu aktuellen Aufsichtsthemen mit ESMA-Vorsitzenden Steven Maijoor (re.); FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller (Mi.), Klaus Grubelnik (li.)
— Finanzmarktaufsicht (@FMA_AT)