Zumindest der Empfang war feudal: Der Pleitestaat Venezuela hatte seinen ausländischen Geldgebern am Montagabend buchstäblich den roten Teppich ausgerollt. Empfangen wurden die ungefähr 100 Teilnehmer der Schuldenkonferenz im Weißen Palast der Hauptstadt Caracas mit einer Ehrengarde.
Und zum Abschluss erhielten obendrein alle Abgesandten der Investoren noch bunte Säckchen mit Kaffee und Schokolade. Das war es aber auch schon mit den Geschenken der Regierung.
Denn die Konferenz, bei der eigentlich über eine Umschuldung von Staatsanleihen und Papieren der Ölgesellschaft PDVSA im Wert von ungefähr 60 Milliarden Dollar verhandelt werden sollte, ließ die Teilnehmer ratlos zurück. "Es gab kein Angebot, keine Bedingungen, keine Strategie, nichts", sagte ein Anleiheninvestor danach. Das Treffen habe kaum länger als eine halbe Stunde gedauert. Vizepräsident Tareck El Assaimi habe dabei gegen die US-Finanzsanktionen gewettert, die an der Notlage des südamerikanischen Staates Schuld seien.
Einige US-Gläubiger konnten an der Konferenz gar nicht teilnehmen oder mussten im Vorraum abwarten. Die Sanktionen verbieten ihnen Finanzgeschäfte mit Venezuela, weil El Assaimi und Wirtschaftsminister Simon Zerpa in den USA Drogenschmuggel und Korruption vorgeworfen wird.
Die Regierung sah den Auftakt zur Neuverhandlung der Auslandsschulden als "großartigen Erfolg" – Venezuela wolle all seinen Verpflichtungen nachkommen.
Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) schenkte diesen Beteuerungen keinen Glauben: Das Rating des Staates wurde am Montagabend auf SD (teilweiser Zahlungsausfall) bzw. D (Zahlungsausfall) gesenkt. Damit ist Venezuela nun offiziell pleite, weil Zinszahlungen für Staatsanleihen im Wert von 200 Millionen Dollar auch nach einer 30-tägigen Nachfrist nicht bei den Investoren angekommen waren.
Unklar ist, ob Venezuela tatsächlich nicht gezahlt hat oder die Überweisungen wegen der komplizierten Finanztransaktionen nicht zeitgerecht angekommen waren. Die S&P-Experten sehen eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass es binnen drei Monaten zu weiteren Zahlungsausfällen kommt.
Von Fragen zu Venezuela überschattet war auch eine Telefonkonferenz des russischen Ölgiganten Rosneft, der den Südamerikanern Milliardenbeträge geborgt hatte. Venezuela zahle "hunderte Millionen Dollar" seiner Schulden zeitgerecht zurück, betonte Pavel Fjodorow, einer von Rosnefts Vizechefs. Der Konzern habe aber keine Pläne, dem Land noch weitere Kredite einzuräumen.
Venezuela hat die weltweit größten Ölreserven, die Misswirtschaft des sozialistischen Autokraten Nicolás Maduro bescherte dem Land aber vier Jahre Rezession und eine Hyperinflation von rund 1000 Prozent. Wenn Venezuela die Staatsschulden nicht bedient, könnte es sich 1,6 Mrd. Dollar bis Jahresende ersparen. Dafür erhielte das Land daraufhin gar kein Geld mehr – für die Bevölkerung eine Wahl zwischen Pest und Cholera.