Handys mit richtigen Tasten sind seit dem Aufkommen von Smartphones vor rund zehn Jahren de facto vom Markt verschwunden. "Durch die Smarttechnologie ist auch unser Tastsinn abhanden gekommen", sagt Robert Gausterer (Bild). Er hat 2001 gemeinsam mit Andreas Tragenreif next system gegründet. Das Wiener IT-Unternehmen hat sich anfangs auf Industrieelektronik (in den Segmenten Antriebstechnik, IndustrieComputer, Display/Touchlösungen) konzentriert, im Laufe der Jahre die Tätigkeitsfelder auf Maschinen- und Anlagenbau sowie Verkehrs- und Medizintechnik ausgeweitet. Und vor mittlerweile sieben Jahre begann next system die Haptic Touch Technologie zu entwickeln.
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Dabei handelt es sich laut Gausterer um eine fühlbare Rückmeldung auf Display-Touchoberflächen zur Bestätigung der Eingabe. Es wird dabei der vom Nutzer individuell angewandte Druck erfasst, der bei der Bedienung der Touchoberfläche aufgebracht wird, gezielt ausgewertet. "Das verhindert das unbeabsichtigte Auslösen von Befehlen", sagt Gausterer. Zudem komme es zu einer fühlbaren Rückmeldung der durchgeführten Aktion als Bestätigung für den Anwender. Bisher habe es nur visuelle oder akustische Rückmeldungen bei Touch-Displays gegeben.
Mit Haptic Touch werde einer der wichtigsten Sinne des Menschen – der Tastsinn – angesprochen, betont Gausterer. Die patentierte Technologie komme bereits als sogenannte Mensch-Maschine-Interaktion (eng.: HMI) in der Medizintechnik, in Autos und bei Glücksspielautomaten zum Einsatz. Nächstes großes Gebiet ist Gausterer zufolge der Banksektor. Bei Bankomaten etwa erfolgt die Eingabe vermehrt über Screens. Ein große Problem für blinde Kunden, die auf den Screens – im Gegensatz zu Tasten – keine Blindenschrift ertasten können. Gemeinsam mit der Payment Service Austria (PSA), Diebold Nixdorf und der Salzburger Banken Software (SBS) wurden entsprechende Geräte entwickelt.
Auch bei anderen Alltaggeräten – seien es Kaffeeautomaten, Aufzüge oder Waschmaschinen – werde sich die Touchscreen-Technik mit haptisch interaktiver Oberfläche über kurz oder lang durchsetzen. Im Auto etwa erhöhe sich so die Sicherheit, da der Blick nicht auf das Display gerichtet werden müsse. Und die Wahrscheinlichkeit einer Fehlbedienung sinke. Der Screen vibriert bei Berührung und simuliert das Klicken von Tasten.
"Wir wollen mit auf dem Gebiet der Haptik Technologie-Führer werden", sagt Gausterer. Bis dato seien bereits zwei Millionen Euro in die Entwicklung geflossen. Bis vor rund einem Jahr habe kaum jemand die Vorteile erkannt, inzwischen sei das Verständnis größer. Bis zu einem Auftrag komme, dauere es aber. "Wir haben uns ursprünglich gedacht, schneller den Durchbruch zu schaffen – waren aber offenbar unserer Zeit deutlich voraus."
Generell sieht der Geschäftsführer die Möglichkeit, über Haptic Touch auch die anderen Bereiche des Unternehmens forcieren zu können. "Haptic-Touch ist unser Türöffner." Zu den rund 300 Kunden in ganz Europa zählen u.a. der Kommunikationsdienstleister Frequentis, die Laserfirma Trotec sowie Unternehmen aus den Bereichen Automotive, Home- & Industrial Automation sowie Medizintechnik und Gaming & Infotainment. Das Unternehmen hat neben seinem Hauptsitz in Wien ein Entwicklungszentrum im oberösterreichischen Vorchdorf sowie Niederlassungen in Deutschland und Ungarn.
Viel Potenzial sieht Gausterer in Deutschland; Slowenien und Tschechien wären auch ein Thema, dort mangle es aber an geeigneten Fachkräften. Insgesamt beschäftigt next system knapp mehr als 40 Mitarbeiter, der Umsatz stieg im Vorjahr von 22 auf 26 Mio. Euro. Bis 2020 sind 40 Mio. Euro angepeilt. Ein Drittel des Umsatzes kommt bereits aus dem Bereich Display/Touch.