Der erste, ausschließlich von der Sonne betriebene Aufzug in Österreich fährt in einem Zinshaus in Wien-Hernals. Solarpaneele entlang des Aufzugsturms versorgen den Lift im Innenhof des Gebäudes zu 100 Prozent mit Strom. Dieser wird in einer Batterie zwischengespeichert und bei Bedarf zur Verfügung gestellt: "Selbst bei einem Netzausfall reicht die Energie für bis zu 100 weitere Aufzugsfahrten", erläutert Otis-Österreich-Chef Roman Teichert im Gespräch mit dem KURIER.
Obwohl "grüne Aufzüge" wie diese schon länger am Markt angeboten werden, sind sie in Österreich noch mehr ein Prestigeprodukt für Bauträger, die sich gerne das grüne Mäntelchen umhängen. Neue Vorschriften zur Energieeffizienz, die weltweit rasch fortschreitende Urbanisierung und der Trend zur "Smart City" führen jedoch zu einem Umdenken.
"Die Urbanisierung ist für uns ein wichtiger Treiber", sagt Teichert. Das Wachstum der Städte – im Jahr 2050 sollen 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben – werde mangels verfügbarer Breite mehr in die Höhe stattfinden, ist er überzeugt. Allein im Vorjahr sind weltweit 128 Gebäude errichtet worden, die höher als 200 Meter sind. "Und solange das Beamen noch nicht funktioniert, werden wir mit Aufzügen auf und ab fahren", meint der Otis-Chef. Solarbetriebene Aufzüge könnten dann wie kleine Kraftwerke genutzt werden. Horizontale Konzepte wie jenes vom Mitbewerber ThyssenKrupp (siehe Artikel unten) werden bei Otis weniger verfolgt, das Unternehmen ist auch groß im Geschäft mit Fahrtreppen und Fahrsteigen tätig.
Mit der aktuellen Auftragslage zeigt sich der Otis-Chef sehr zufrieden. Österreich sei derzeit EU-Spitzenreiter bei den Bauvorhaben und davon profitiere die gesamte Aufzugsbranche. 70 Prozent des Neugeschäftes komme bei Otis inzwischen aus dem Wohnbau – ein Markt, den das Unternehmen erst in den vergangenen Jahren stark forcierte. Der Grund: Mit jeder Neuanlage gibt es einen langjährigen Servicevertrag, ein nachhaltiges Geschäft für Lifthersteller.
Otis rechnet heuer mit zehn Prozent mehr Neuaufträgen als im Vorjahr. Das Modernisierungs- und Nachrüstgeschäft bei Aufzügen ist im Vergleich zum Vorjahr hingegen leicht rückläufig, das Servicegeschäft stagniert. In Summe soll der Umsatz der Otis-Gruppe (inklusive Brandschutzfirmen Jamal und Atex) von rund 125 Mio. Euro im Vorjahr um zwei Prozent heuer wachsen. Das Unternehmen beschäftigt aktuell 490 Mitarbeiter und will zusätzliches Personal vor allem im Service- und Montagebereich einstellen.
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Dass durch die Digitalisierung weniger Mitarbeiter gebraucht werden, glaubt Teichert nicht. "Das Service wird in unserem Geschäft immer durch Menschen passieren, nicht durch Roboter. Es geht hier in erster Linie um Sicherheit und da werden wir immer gut ausgebildete Mitarbeiter brauchen." Die Digitalisierung verändere aber das Service. So werden die Aufzüge mit immer mehr Sensoren ausgestattet, um die Wartung zu beschleunigen. Das Ziel: Noch bevor eine Störung eintritt, schlägt die Komponente bereits Alarm.
Ab Anfang 2018 will Otis in den boomenden "Homelift"-Markt einsteigen und erschwingliche Personenaufzüge mit Gurtentechnologie für Privathäuser anbieten. "Die Menschen möchten so lange wie möglich zu Hause mobil bleiben, das ist ein wachsender Markt", sagt Teichert. Als weiteres Standbein nimmt er die Wartung von automatischen Türen und Toren ins Visier.
Es ist fast so wie U-Bahn-Fahren, nur innerhalb des Gebäudes; Mit seinem „Multi“, dem ersten auch seitwärtsfahrenden Lift-System ohne Sicherungsseile, läutete der deutsche Hersteller Thyssen-Krupp kürzlich eine neue Ära in der Aufzugstechnik ein.
Statt eine Kabine pro Schacht auf- und abfahren zu lassen, bietet der „Multi“ die Möglichkeit, viele Kabinen unabhängig voneinander zirkulieren zu lassen, vergleichbar mit einem U-Bahn-System. Ein mehrstufiges Bremssystem schützt die seillosen Kabinen, die über ein redundantes, kabelloses EDV- und Energiemanagement verfügen. „Wir sind überzeugt, dass Multi die Art und Weise, wie sich Menschen in ihrer gebauten Umwelt bewegen, wie sie leben und arbeiten, fundamental verändern wird“, sagte Andreas Schierenbeck, Vorstandschef von ThyssenKrupp-Elevator bei der Präsentation. Die Technologie benötige weniger und kleinere Schächte als konventionelle Systeme und könne so die nutzbare Fläche in Gebäuden um bis zu 25 Prozent erhöhen. Dank mehrerer Kabinen müssten die Fahrgäste nie länger als 15 bis 30 Sekunden auf einen Aufzug warten.
Die erste voll funktionsfähige Einheit wurde kürzlich im ThyssenKrupp-Testturm in Rottweil vorgestellt. Einen ersten Kunden gibt es auch schon. Der neue East Side Tower in Berlin soll mit dem seillosen Aufzugssystem ausgestattet werden.
Foto: /Thyssen-KRUPP
Je höher die Gebäude, desto schneller die Aufzüge. Getüftelt wird daher auch an der Geschwindigkeit. Aktuell haben die Asiaten die Nase vorne. Der schnellste Aufzug der Welt fährt im Shanghai Tower. Der NexWay überwindet die 121 Stockwerke mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20,4 Meter pro Sekunde bzw. 73,8 Km/h. Das brachte dem Lift einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde. Allerdings steigt in die Highspeed-Kabine nur ein Techniker des Herstellers Mitsubishi ein, normale Fahrgäste befördert der Lift mit 18 Metern pro Sekunde.