Spätestens seit Platzen der Dieselaffäre beim Wolfsburger Autobauer VW wissen viele Autobesitzer, dass zwischen dem im Zulassungsschein angeführten Treibstoffverbrauch ihres Fahrzeuges und dem realen Verbrauch auf der Straße ein, zwei Liter und auch mehr liegen können. Laut einer neuen Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT), dem Aufdecker des VW-Skandals, soll dieser erhöhte Verbrauch bis zu 42 Prozent höher sein als von den europäischen Herstellern angegeben. Bei den beliebten sportlichen Geländelimousinen, kurz SUV genannt, soll der Verbrauch bis zu 50 Prozent höher sein als in den Fahrzeug-Papieren steht.
Anders gesagt: Jeder Autobesitzer zahlt jährlich im Schnitt um 400 Euro mehr für Treibstoff als gewollt. Das ICCT erklärt die enorme Diskrepanz mit der Schlupflöchern, die Autobauer bisher bei den technisch veralteten europäischen Testzyklen NEFZ auf dem Rollenprüfstand, sprich im Labor, ausnutzten. Die Labor-Tests finden unter technischen Idealbedingungen statt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.
"Die primäre Ursache für diese Diskrepanz beim Verbrauch ist, dass die Autos heute mehr Komfort haben und eine Klimaanlage ist mittlerweile Standard", sagt Professor Bernhard Geringer von der TU Wien zum KURIER. Klimaanlage, Zusatzheizung oder andere elektronisch gesteuerte Zusatzfunktionen im Auto sind zusammen Energiefresser. Aber dieser Zusatzverbrauch wird bei den Tests nicht einbezogen.
"Laut Testvorschrift darf eine Klimaanlage gar nicht eingeschaltet werden", sagt Max Lang, Cheftechniker des ÖAMTC. "Diese Tests wurden in einer Zeit entwickelt, in der es noch keine Klimaanlagen in den Autos gab." Nachsatz: "Es fährt auch kein Autofahrer so brav wie in einem Testzyklus." Das gilt aber nicht nur für sportliche SUV-Fahrer, die den entfesselten Pferdestärken ihrer geländegängigen Limousinen gern freies Spiel lassen.
Anhand von E-Autos zeigt sich, wie viel Strom eine Auto-Heizung verbraucht. "Wir haben Messungen bei minus 20 Grad Celsius gemacht, und der Verbrauch hat sich verdoppelt, sprich die Reichweite hat sich fast halbiert", sagt Geringer. Und bei E-Autos ist im Winter eine gute Heizung vonnöten, weil mangels Verbrennungsmotor keine Wärme an das Fahrzeug abgegeben wird.
Dass die Angaben im Zulassungsschein von Diesel und Benzinern zu niedrig sind, geht aber auf die Kappe der Hersteller. Sie schauen bei der Typisierung der Fahrzeuge genau darauf, dass alle Angaben – unter Ausreizung des rechtlichen Rahmens – möglichst günstig ausfallen. In Österreich wird bei Neuwagen die Normverbrauchsabgabe (NoVA) auf den Kaufpreis aufgeschlagen. Sie wird anhand des Kohlendioxidausstoßes (Co2) berechnet.
Je mehr CO2 ein Pkw emittiert, desto höher ist die NoVa. Kein Autohersteller hat Interesse daran, dass seine Fahrzeuge hierzulande teurer werden. Seit September gilt aber der neue internationale Testzyklus WLTP. Der WLTP bildet die Fahrsituationen realistischer ab. "Dieser Prüfzyklus ist dynamischer, es wird mehr beschleunigt und eine höhere Geschwindigkeit gefahren", sagt Lang. "Bei dieser Messmethode werden 20 bis 25 Prozent mehr Verbrauch herauskommen."
Das heißt: Die Pkw werden somit deutlich teurer, weil die NoVA am Ende höher ausfallen wird. Laut ÖAMTC wird mit dem Finanzministerium über eine Übergangslösung diskutiert. Lang: "Eine gewisse Zeit lang soll noch der niedrigere Verbrauch aus dem alten Testzyklus gelten."