Das Klischeebild des Privatvermieters ist wenig schmeichelhaft. "Viele denken noch immer an eine ältere Dame, die aus ihrem kleinen Haus kommt", meint Thomas Schanzer, Obmann des Privatvermieterverbandes. Freilich beeilt er sich hinzuzufügen, "dass die Realität ganz anders ausschaut".
Denn schon Ende der 1980er-Jahre haben viele Vermieter begonnen, Gästezimmer zu Ferienwohnungen umzumodeln. Mit Erfolg. Heute gehen ein Viertel aller Tiroler Gästenächtigungen auf das Konto von privaten Ferienwohnungen. Ein gutes Geschäft, nicht nur für die privaten Wohnungsbesitzer, sondern für die ganze Region. Laut Statistik geben Gäste von Privatvermietern drei Viertel ihres Urlaubsbudgets in der Region aus, kurbeln also auch das Geschäft des Dorfwirt’n, der Bergbahn oder der Händler ringsum an. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Denn die Gäste großer Wellnesstempel setzen oft nur in Ausnahmefällen einen Fuß vor die Hoteltür. Schließlich ist von der Sauna über die Maniküre bis zum Mittagsbuffet alles bequem in Bademantel und Schlapfen indoor verfügbar.
Das haben auch Tourismusverbände erkannt. So hat unter anderem die Ferienregion Villach, Faaker See, Ossiacher See ein Coaching-Programm ins Leben gerufen, bei dem Coaches private Vermieter bei der Vermarktung unterstützen, um sie im Geschäft zu halten. "Eigentlich muss sich ein kleines Haus heute genauso professionell präsentieren wie ein großes Hotel", erläutert Tourismus-Coach Stefan Domenig. Gebucht wird die Unterkunft schließlich meist über eine Plattform oder zumindest im Internet.
Um gefunden zu werden, brauchen auch kleine Häuser eine Webseite mit professionellen Bildern, Texten und bestenfalls Online-Buchbarkeit. Auch um das alles auf die Reihe zu bekommen, wurde 2011 in ganz Kärnten das Coaching-Programm ins Leben gerufen. Domenig: "Für uns ist die Erhaltung jedes einzelnen Gästebetts wichtig, schon allein wegen der Umwegrentabilität in der Region. Was wir nicht brauchen können, sind noch mehr kalte Betten." Damit meint Domenig wenig bis gar nicht benutzte Zweitwohnsitze, die österreichweit auf mehr als eine Million Betten kommen. Viele davon ehemalige Hotels, die zu Apartmenthäusern umfunktioniert wurden, weil kein Nachfolger gefunden wurde.
Was aber schreckt einen jungen Menschen von der Idee ab, sich mit Ferienwohnungen ein Zubrot zu verdienen, so wie es in vorigen Generationen auch üblich war? Nicht nur die Landflucht, die in vielen Regionen längst eingesetzt und damit potenzielle Vermieter vertrieben hat. "Es ist auch die Grauzone", meint Schanzer. Er sagt, dass die Privatvermieter dem Gesetzgeber quasi "davongelaufen" sind. Denn während sie sich ständig weiterentwickelt haben, ist das Privatzimmervermietungsgesetz noch immer auf dem Stand des Jahres 1959.
Laut diesem ist es Privaten erlaubt, bis zu zehn Gäste im häuslichen Nebenerwerb zu beherbergen. Wer also eine Wohnung im Nebenhaus vermietet, ist nach dem Gesetz kein Privatvermieter, weil es sich ja um keinen "häuslichen" Nebenerwerb handelt.
Wer sein Haus ausbaut und nun statt acht zwölf Betten hat, ist streng genommen schon ein gewerblicher Betrieb. Dieser unterliegt damit auch allen Auflagen eines Gewerbebetriebes. "Da überlegen sich viele schon wieder, ob sie eine zusätzliche Wohnung einrichten sollen", sagt Schanzer und fordert eine Reform des Gesetzes.
Seit November 2016 laufen Gespräche mit der Wirtschaftskammer. Maria Schreiner von der Bundessparte Tourismus verweist auf die Genehmigungsfreistellungsverordnung, die gewerbliche Betriebe von gewissen Genehmigungen entbindet. Schreiner: "Wir wollen, das Beherberger mit bis zu 30 Betten in diese Verordnung aufgenommen werden, brauchen dafür aber noch die Zustimmung des Wirtschaftsministers." Dank der Verordnung könnten kleinere gewerbliche Vermieter etwa von baulichen Auflagen ausgenommen werden.
Schaut man sich die Entwicklung der Privatvermieter in Österreich an, sticht Wien heraus. In der Bundeshauptstadt ist die Zahl der Privatvermieter binnen zehn Jahren um knapp 1500 Prozent gestiegen. Ein Zuwachs, der direkt mit dem Siegeszug von Zimmervermittlungsplattformen wie Airbnb zusammenhängt. „Und auch mit dem Wiener Tourismusförderungsgesetz, das die Plattformen dazu verpflichtet, der Stadt zu melden, wer über zum Beispiel Airbnb vermietet“, erläutert Peter Laimer, Tourismusexperte der Statistik Austria. Nachsatz: Da andere Tourismusregionen mit solchen Initiativen noch hinterherhinken, ist damit zu rechnen, dass in den Bundesländern mehr vermietet wird, als die Statistik derzeit erfasst.
Foto: /Grafik Die Zahl der privat vermieteten Gästebetten sinkt seit Jahren. Im Gegensatz zu jenen der Luxushotellerie. „Die 4- und 5-Stern-Häuser haben ihr Bettenangebot in den vergangenen zehn Jahren um ein Viertel ausgebaut“, rechnet Laimer vor. Ihre Formel ist relativ einfach: Je mehr Zimmer, desto besser verteilen sich die hohen Fixkosten, die großzügige Wellnesslandschaften verursachen. Laut Statistik hat das durchschnittliche 4- und 5-Sternhotel mittlerweile hundert Betten.
Bei den Privatvermietern hat währenddessen das Geld für Investitionen vielerorts gefehlt. Gleichzeitig erwarten sich Gäste immer mehr – zumindest einmal denselben Standard wie zu Hause. Also etwa WLAN und einen Geschirrspüler.
Dennoch: Die rund 41.000 privaten Beherbergungsbetriebe Österreichs sind ein oft unterschätzter Wirtschaftsfaktor. Mit jährlich rund 21 Millionen Gästenächtigungen sind sie für ein knappes Fünftel aller Gästenächtigungen in Österreich verantwortlich.
Dabei gilt die Formel „je touristischer erschlossen, desto größer die Bedeutung der Privaten“. Die Branche ist übrigens weiblich: Neun von zehn Privatvermietern sind Frauen.