Das Burgenland hat ein Problem: Im östlichsten Bundesland registriert man doppelt so viele Entsendungen ausländischer Arbeitskräfte als im Durchschnitt Österreichs. Seit der Arbeitsmarktöffnung gegenüber den neuen EU-Mitgliedsstaaten vor sieben Jahren dürfen Unternehmen ihre Mitarbeiter von dort in andere EU-Länder entsenden. Dort steht ihnen zwar der Mindestlohn zu, einen Zwang, die Arbeiter zum landesüblichen Branchen- und Lohnniveau zu bezahlen, gibt es jedoch nicht.
Ein unhaltbarer Zustand, meint Burgendlands Landtagspräsident Christian Illedits (SPÖ), der "unweigerlich zu Lohn- und Sozialdumping führt". In Brüssel tourte Illedits deswegen vergangene Woche durch die Institutionen und versuchte Druck zu machen. Die zwanzig Jahre alte Entsenderichtlinie, die die Dienstleistungsfreiheit in der EU im Grunde über die Rechte der Arbeitnehmer stellt, muss nachgebessert werden.
Deutschland, Frankreich und Belgien registrieren zusammen mehr als 50 Prozent der entsendeten Kräfte, aber in Luxemburg, Belgien und Österreich ist das Verhältnis zwischen Entsendeten und heimischen Arbeitskräften in der EU am höchsten. Seit zwei Jahren wird an einer Reform gefeilt, jetzt gibt es erste Fortschritte. Der Beschäftigungsausschuss des EU-Parlaments gab am Montag grünes Licht für einen Kompromiss.
"Wir ändern die Richtlinie dahingehend, dass Unternehmen, die etwa ihre Arbeitnehmer für eine Großbaustelle in ein anderes Land mitnehmen, diese in Zukunft gleich bezahlen wie die Arbeitnehmer vor Ort", schildert EU-Abgeordnete Evelyn Regner (SPÖ). Damit würde der "Ausbeutung von entsandten Arbeitnehmern ein Riegel vorgeschoben. Kosten für Reisen und Unterkunft dürfen in Zukunft nicht mehr vom Lohn abgezogen, sondern müssen vom Arbeitgeber getragen werden.
Mit der angepeilten Reform, so bestätigt auch der sozialpolitische Sprecher der ÖVP im EU-Parlament, Heinz K. Becker, " dämmen wir andererseits so den unfairen Wettbewerb am heimischen Arbeitsmarkt durch die Entsendung schlechter gestellter Arbeitnehmer ein." Um zu verhindern, dass sich wie bisher Subunternehmer um die Einhaltung der Arbeitsrechtsbestimmungen drücken, soll künftig der Hauptunternehmer auch für den Subunternehmer haften.
Beschlossen ist die Reform damit noch nicht. Auch das Plenum des EU-Parlamentes muss den Kompromiss annehmen. Zudem braucht es die Zustimmung des Rates. Dieser berät am Montag, und dort werden die Verhandlungen erst richtig schwierig. Denn in den Staaten Osteuropas gilt die Reform der Entsenderichtlinie als rotes Tuch. Ein Viertel der entsandten Arbeitnehmer (zwei Millionen) in der EU sind Polen. Entsprechend heftigen Widerstand gibt es aus Warschau, aber auch aus Budapest, Prag und Bratislava. "Der Grundsatz: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort würde die osteuropäischen Unternehmen aus Westeuropa verdrängen", schildert EU-Experte Matthias Dauner vom Think Tank Centrum für Europäische Politik. "Mit einer Anpassung nach oben, wie es Westeuropa will, würden die osteuropäischen Staaten ihren größten Wettbewerbsvorteil verlieren."