Ein Jahr lang hatte sich die Lufthansa schon auf die Übernahme des taumelnden Konkurrenten Air Berlin vorbereitet und hielt Kontakt mit der EU-Wettbewerbsbehörde. Am Donnerstag konnte Konzernchef Carsten Spohr die Verträge unterzeichnen. Die AUA-Mutter will 1,5 Milliarden Euro investieren und den Großteil der insolventen Air Berlin übernehmen: 81 Flugzeuge, hunderte attraktive Slots (Start- und Landefenster) in Deutschland, Spanien und Österreich, 3000 Mitarbeiter sowie die Tochter NIKI. Der reine Kaufpreis beläuft sich auf rund 210 Millionen Euro.
Im Handelsblatt argumentierte Spohr, die Lufthansa habe weltweit nur drei Prozent Marktanteil. Die Ticketpreise würden nach dem Ende von Air Berlin nicht steigen, auf einzelnen Strecken wollte er Verteuerungen allerdings nicht dezidiert ausschließen.
Die heimischen Wettbewerbshüter sind alarmiert. "Jetzt beginnt unsere Arbeit. Es geht darum, eine gute Lösung für den Standort Wien und die Konsumenten zu finden und Monopole zu verhindern", sagt Theo Thanner, Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Am Flughafen Wien kommt der Lufthansa-Konzern in den Morgenspitzen (begehrteste Start- und Landezeiten) mit der Übernahme von NIKI und Air Berlin künftig auf einen Marktanteil von 86 Prozent.
Thanner erwartet für Wien eine Erhöhung der Ticketpreise um rund 20 Prozent. Solche Preissteigerungen ergäben sich erfahrungsgemäß bei der Bildung von Monopolen. Die Reisebürowirtschaft hat, der Sonntag-KURIER berichtete, allerdings Steigerungen bis zum Dreifachen errechnet. Verglichen wurden Strecken ab Wien vor und nach dem Ausstieg von NIKI bzw. Air Berlin. Thanner will seine Bedenken in Brüssel "klar und intensiv vorbringen". Noch für Oktober hat sich eine Lufthansa-Delegation in Wien angekündigt.
In Berlin wird heftig darüber spekuliert, dass sich Spohr, der bereits bis Ende 2017 mit dem kartellrechtlichen Okay rechnet, durch einen Trick zumindest einen Zeitgewinn verschaffen könnte. Die 21 NIKI-Flugzeuge könnten von der Lufthansa-Billigtochter Eurowings im sogenannten Wet-Lease übernommen werden – mit den Mitarbeitern und den Slots. Dafür bräuchte Spohr keine wettbewerbsrechtliche Genehmigung und der Lufthansa kann es ziemlich egal sein, wie lange das Verfahren dauert. "Wenn das in Brüssel durchgeht, braucht künftig niemand mehr eine Airline zu kaufen, sondern übernimmt jede Fluggesellschaft de facto über Wet-Lease", kritisieren Insider.
Für Niki Lauda "hat sich die Marke NIKI damit erledigt". Er hofft stark auf die Wettbewerbsbehörden. "Es kann ja nicht im Interesse der Passagiere sein, dass wir für alles Regelhüter haben, die dann nichts tun." Lauda hatte mit Thomas Cook und Condor auch ein Angebot gelegt, kam aber nicht einmal in den engeren Interessentenkreis.
Noch verhandelt wird für einen Teil von Air Berlin mit EasyJet. Doch die Briten sollen ihr Offert von 50 bereits auf 30 Millionen Euro reduziert haben. EasyJet pokert geschickt. Um bei der Wettbewerbsbehörde durchzukommen, braucht die Lufthansa EasyJet als Feigenblatt. Als alleiniger Käufer wäre eine Genehmigung für die Lufthansa wesentlich schwieriger. Steigt EasyJet aber tatsächlich aus, könnte Lauda wieder Chancen haben.
Der NIKI-Betriebsrat erwartet eine Garantie für alle 1000 Arbeitsplätze und hofft sehr, dass Wien als Heimatbasis beibehalten wird.