Lediglich ein Fünftel des Getreides wird in Österreich für die Nahrungsmittelproduktion genutzt. Ein nur gering höherer Anteil wird an Nutztiere verfüttert. Ein Großteil des Korns wird für andere Zwecke genutzt. Mehr als die Hälfte wird verarbeitet und das Endprodukt teilweise exportiert.
Da unterscheidet sich Österreich deutlich vom EU-Schnitt. In den anderen Staaten der Union werden 63 Prozent des Getreides verfüttert. Der Anteil, der für die Nahrungsmittelproduktion verwendet wird, ist gering höher. Verarbeitet werden im EU-Schnitt nur unter zehn Prozent des Getreides.
Über die Art der Verwendung entscheidet die Qualität. Der hochpreisige Premiumweizen geht in die Lebensmittelproduktion oder in den Export. Auch wegen der Wetterkapriolen ist ein Teil der Ernte für Lebensmittel nicht geeignet und wird zu einem günstigeren Preis verkauft und verfüttert.
Qualitäten, die darunter liegen, werden industriell verarbeitet. Gängige Produkte sind Stärke oder Bioethanol. Der Spruch "Teller statt Tank" mag für Südamerika zutreffen. Mit der Realität in Österreich hat es nichts zu tun.
"Österreich ist ein Veredler. Wir profitieren an der Wertschöpfung," freut sich Landwirtschaftskammer-Präsident Herman Schultes. "Es können alle Qualitäten verarbeitet werden." Die industrielle Verarbeitung von Getreide ist die Basis eines System, von dem auch die Bauern profitieren. Sie können nun auch schlechtere Qualitäten zu akzeptablen Preisen verkaufen.
Nicht nur in Österreich fallen immer wieder schlechte Qualitäten an. Daher wird auch Getreide aus anderen EU-Ländern importiert. Laut der Vorschau zur Getreidebilanz 2016/2017 werden fast 1,4 Millionen Tonnen Getreide für die Industrie verwendet. 670.000 Tonnen werden zu Bioethanol verarbeitet, das dem Benzin beigemischt wird. Was danach übrig bleibt, wird als Eiweißfuttermittel verkauft.
In verarbeiteter Form sind auch schlechte Getreide-Qualitäten für die Nahrungsmittelindustrie interessant. Stärke ist ein Kohlenhydrat, das vor allem für Lebensmittel verwendet wird. 32 Prozent der Stärke-Produktion werden für Süßwaren und Sirupe verwendet, 29 Prozent für andere Lebensmittel und weitere 29 Prozent für Papier und Wellpappe. Fünf Prozent kauft die Pharma und Chemie-Industrie. Zu den Veredelungsprodukten der Stärkeproduktion gehören etwa im Zuckerbereich Glucose und Dextrose oder auch diverse Verdickungsmittel.
Derzeit gibt es in Österreich zwei große Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, nämlich die Agrana und Jungbunzlauer. Im Jahr 2015 betrug der Umsatz der Jungbunzlauer Austria AG rund 373 Millionen Euro. Das Unternehmen mit dem Standort in Pernhofen (nördliches Weinviertel) gilt als weltgrößter Hersteller von Zitronensäure. Diese Substanz kann durch die Fermentation von Mais hergestellt werden.
Foto: AGRANA Die Agrana investiert weiter in die Stärke-Produktion aus Kartoffeln, Mais und Weizen. Drei Produktionsstandorte, nämlich Aschach, Gmünd und Pischelsdorf sind in Österreich. Dazu kommen jeweils ein Standort in Ungarn und Rumänien. Der Konzern mit einem Umsatz von mehr als 2,5 Mrd. Euro ist Marktführer in Zentral- und Südosteuropa. Spezialprodukte wie etwa Biostärke für Baby-Nahrung werden nach China oder in die USA exporteirt.
Gestern hat der der Zucker-, Fruchtzucker- und Stärkekonzern Agrana hat den Zubau für ihre Maisstärkefabrik in Aschach an der Donau (OÖ) eröffnet (siehe Foto oben) . 80 Millionen Euro wurden investiert, künftig werden 540.000 Tonnen Mais pro Jahr verarbeitet. Zum Abschluss gab es für die mehreren hundert Gäste ein Sackerl Gummibärchen. Warum? Weil Gumibärchen Maisstärke enthalten.
„Wir setzen auf eine Spezialitätenstrategie“, sagte Vorstandsvorsitzender Johann Marihart. Die Palette der Produkte, in denen Maisstärke vorkommt, ist extrem breit. Sie ist in Nivea-Sonnencreme genauso enthalten wie im Inzersdorfer Erdäpfelgulasch, in der klaren Suppe von Knorr wie im Papiersackerl und Tapetenkleister. Fructose ist im Coca Cola ebenso drinnen wie im Almdudler.
Aufsichtsratsvorsitzender Erwin Hameseder erklärte, die Agrana sei einer der wichtigsten agrarischen Veredler. Einer der Hauptfaktoren seien Wissenschaft und Forschung. Jeder Marktführer müsse lernen, Innovation zur Gewohnheit zu machen. Zu den 275 Arbeitsplätzen kämen nun 25 dazu.
Landeshauptmann Thomas Stelzer sagte, Agrana mache genau das, worauf auch Oberösterreich Wert lege: auf die Messlatten Innovation und Internationalität.