KURIER: Sie haben Palmers 2015 gekauft. Warum?
Marc Wieser: Ich habe den Kauf schon 2003 Luciano Benetton vorgeschlagen, aber der wollte nicht, weil er sich damals eher von Firmen getrennt hat als welche zu kaufen. Stattdessen kam die Quadriga (eine Investmentfirma, Anm.) zum Zug. Nachdem wir mit Benetton aufgehört haben, haben wir uns eine Liste gemacht mit österreichischen Unternehmen, die wir gerne kaufen würden. Palmers stand ganz oben.
Warum?
Palmers war ein fondgeführtes Unternehmen, das man vintage (altmodisch, Anm.) gehen ließ. Das heißt für Käufer: es gibt große Potenziale. Unser Interesse ist jetzt der nachhaltige Aufbau.
Palmers war einmal groß: Ich erinnere mich an Werbeplakate, über die man sprach, an die grünen Palmers-Jetons, an Schachteln unterm Christbaum. Wo ist das alles hin?
Es ist ruhig geworden, das stimmt. Weil die Konzentration des Vorbesitzers woanders lag. Man hatte für Palmers wenig Zeit und Geld übrig. Das haben der Kunde, der Markt und die Konkurrenz gemerkt.
Es war halbherzig geführt.
Das würde ich gar nicht sagen. Sondern: es wurde eine Konservierungsstrategie gefahren, keine Vorwärtsstrategie. Glück für uns – wir konnten es kaufen.
Heißt, Sie haben das Unternehmen günstig gekriegt?
Das kommt auf die Definition von günstig an. Es war ein zweistelliger Millionenbetrag. Und noch mal so viel ist notwendig, um es in drei Jahren auf Vordermann zu bringen. Ein Jahr haben wir dafür noch.
Sie sind also über der Halbzeit. Nein, das ist übertrieben. Wir wollten dieses 104 Jahre alte Unternehmen gründlich kennenlernen. Und nun nachhaltig ins Positive drehen.
Wohin genau?
Palmers muss zu seiner inneren Kraft zurückfinden. Wir arbeiten nicht mehr mit Externen zusammen, die uns erzählen, was wir zu tun haben. Wir stärken das Team und wollen alles von innen heraus aufbauen. Palmers soll sich zu einer Fashion Company entwickeln.
Foto: /Palmers Welche Altlasten haben Sie da miteingekauft?
Die Tradition ist die Altlast. Aber deshalb haben wir’s ja wiederum auch gekauft.
Von 300 Filialen sind die Hälfte Franchise. Kriegt man selbstständige Filialen in einer Umstrukturierung an Bord?
Das ist der Nachteil von Partnersystemen und kann eine Achillesferse sein. Wir haben aber mit den Franchisepartnern gute Erfahrungen gemacht. Mit einem gemeinsamen Kassensystem und ohne Zahlungsausfälle.
Wer soll Ihre Zielgruppe sein?
Frauen, egal ob jung oder alt – es ist mehr eine Frage des Geldbörsels. Wir machen Qualität und da keine Abstriche. Wir werden nie einen BH haben, der in elf Minuten produziert wird. Unser BH braucht 45 bis 60 Minuten, bis er fertig ist.
Und wird wo produziert?
Zu 50 Prozent in Europa, also Deutschland, Kroatien, Italien, Österreich. Zu 50 Prozent in Asien. Dort sind es aber Europäer, bei denen wir produzieren. Man braucht immenses Know-how in der Korsetterie. Die Rechnung ist einfach: Eine Näherin kostet in Österreich 40 Euro pro Stunde – das müssen Sie mal in einen BH einpreisen.
Wie sehen Sie Ihr Image heute?
Die Jungen sagen teuer und alt. Aber das werden wir ändern.
Wie? Mit Plakaten wie früher?
Solche Dinge kosten einen Haufen Geld und sind nicht nachhaltig. Als nachhaltig sehe ich Produkt- und Filialdesign. Da werden wir jetzt investieren. Plakate kommen später, jetzt ist noch nicht der richtige Zeitpunkt. Seit Monaten wird beinhart daran gearbeitet, bei Fotografie und Video das richtige zu tun.
Wie schwierig ist es geworden, den Ton zwischen sexy und Sexismus zu treffen?
Extrem schwierig. In unserer Zeit wird unglaublich viel Content konsumiert und die Firmen müssen hier ein Alleinstellungsmerkmal finden, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Auffallend, aber nicht übertrieben. Wir überlegen uns genau, womit wir hinausgehen.
Sie haben aktuell 300 Filialen – wohin geht die Entwicklung?
Wir werden expandieren, in Österreich und in den Ländern rund um Österreich. Auf 400 Filialen etwa. Aber wir haben keinen Stress bei der Expansion: wir machen das fürs Leben und es darf ruhig länger dauern.
Sie haben Stores in Budapest und Prag eröffnet. Wie läuft’s?
Gut. Wir haben aber Probleme, Personal zu finden. Unsere Coaches haben dort in der Weiterbildung viel zu tun.
Ihre offengelegten Bilanzen geben wenig Einblick in aktuelle Entwicklungen. Wie schauen die Zahlen von Palmers aus?
Der Jahresumsatz von 70 Millionen Euro netto bleibt stabil, bei Homewear und Beachwear haben wir zweistellige Steigerungen. Wir haben uns für die ersten fünf Jahre eine Verdoppelung des Umsatzes vorgenommen. Ich möchte aber dazusagen: Palmers hatte nie Probleme mit dem Wäschegeschäft. Das war immer positiv und die stabile Säule.
Sie haben gesagt, Sie wollen sich zurückziehen, wenn es wieder läuft und die Geschäftsführung in Frauenhand legen. Wann wird das sein?
Ende 2018. Das Unternehmen gehört definitiv in Frauenhand. Was ich dann mache, werden wir sehen.
Marc Wieser hat genaue Vorstellung für Palmers: Der Konzern muss jünger, trendiger werden – das soll sich im Produktdesign und im Storedesign widerspiegeln. „Wir sind ein Wäschespezialist mit 104 Jahren österreichischer Geschichte“, erklärt Wieser. Weshalb für den Liebhaber der Wiener Werkstätte die Kooperation mit dem MAK nahelag. In der aktuellen Kollektion werden Werke von Josef Hoffmann und Koloman Moser in das Design der Wäsche eingearbeitet.
Palmers hat aktuell rund 730 Mitarbeiter und 282 Standorte im In- und Ausland. Es wird intensiv an der Erweiterung der Standorte gearbeitet – in Österreich und in den Ländern rund um Österreich. „Aber die geeigneten Immobilien zu finden, ist nicht so leicht“, sagt Wieser. Ebenso ist das Recruiting von Verkaufspersonal, vor allem im Osten, schwierig. 2017 eröffnete man rund 35 neue Geschäfte oder Geschäftsflächen – etwa auch in den großen Kaufhäusern Galeries Lafayette in Paris und KaDeWe in Berlin.
Foto: /Palmers