Die Goldgräberstimmung im Iran ist verflogen. Kurz nach dem Wiener Anti-Atomabkommen von 2015 hatten sich Staatschefs und Firmenlenker in Teheran die Klinke in die Hand gegeben. Jeder wollte der erste sein, der lukrative Geschäfte anbahnt. Mittlerweile ist die Euphorie etwas verflogen.
"Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Geschäfte nach dem Ende der Sanktionen nicht automatisch einfacher abzuwickeln sind", sagt Georg Weingartner, der ab 2012 als Wirtschaftsdelegierter in Teheran war. Der größte Hemmfaktor sei das ungenügende Angebot an Krediten, sagt Weingartner. Wegen der Unsicherheit über die US-Sanktionslage scheuten internationale Banken und Großkonzerne das Risiko, mit dem Iran Geschäfte zu machen – aus Angst vor Repressionen in den USA. Das öffnet eine Lücke für kleinere Player, in die österreichische Unternehmen stoßen.
Stichwort Finanzierungen: Die Oberbank hat als eines der ersten internationalen Institute einen Rahmenvertrag mit dem Iran ausgehandelt, der es ihr ermöglicht, Kredite mit mehr als zwei Jahren Laufzeit zu vergeben. Am 21. September wird in Linz im Beisein iranischer Honoratioren feierlich unterzeichnet. Dann können heimische Firmen leichter in Infrastruktur-, Gesundheits-, Eisenbahn-, Fotovoltaik- oder Wasserkraftprojekte investieren.
Foto: /Mayr-Melnhof Gruppe
Wie Mayr-Melnhof: Der Verpackungshersteller ist im Iran bereits seit 2008 mit einem Werk vertreten. 280 Mitarbeiter erzeugen Zigarettenverpackungen für den lokalen Markt. Jetzt wird kräftig investiert; das Werk soll annähernd verdoppelt und auf neuesten Stand gebracht werden. Mit Tiefdruckanlagen halte man sich die Option offen, in weitere Verpackungssegmente einzusteigen, sagt Sprecher Stephan Sweerts-Sporck. "Für den Gesamtkonzern ist der Iran nur ein Punkt auf der Landkarte, aber es ist ein moderner Standort mit viel Potenzial." Das Land hat nicht nur mehr Einwohner als Deutschland (82 Millionen), diese sind mit durchschnittlich 29 Jahren auch äußerst jung.
Auf Expansionskurs ist auch Bahncaterer DoNA. Das aus Kirchberg am Wechsel stammende Unternehmen betreibt seit 2015 ein Joint Venture mit einem iranischen Partner. Vor Ort werden bis zu 40.000 Mahlzeiten pro Tag zubereitet – neben der Belieferung einer Bahnlinie wird der Exportpreis-Gewinner 2017 auf Events und Businesscatering ausweiten.
Die Solarexperten von Fronius Solar Energy und KPV Solar haben im Juni das Kraftwerk Rafsanjan in der zentralen Provinz Kerman fertiggestellt, die zwei Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen soll – eine Herausforderung im Wüstenklima. Weil die iranische Regierung Fotovoltaik mit üppigen Einspeisevergütungen fördert, sind weitere Projekte bereits in Vorbereitung.
In Summe sind mehr als 500 österreichische Unternehmen im Iran tätig. Im ersten Halbjahr 2017 machten die rot-weiß-roten Warenexporte 152 Millionen Euro aus, in Gegenrichtung waren es 110 Millionen Euro.