Dass die ÖVP den Vorstoß der SPÖ mitten im Wahlkampf für ein neues Mietrecht nicht unterstützen würde, war klar. Jetzt machen die Schwarzen ihren Noch-Regierungspartner für Tausende leer stehende Wohnungen verantwortlich.
Foto: /ÖVP Die Kritik von Andreas Ottenschläger (Bild), als ÖVP-Verkehrssprecher und Chef über die Parteifinanzen im engen Team um Parteichef Sebastian Kurz, zielt wieder auf Bundeskanzler Christian Kern. Er sei als ehemaliger Chef der Staatsbahn dafür verantwortlich, "dass bis heute bei den ÖBB mehr als ein Drittel der 6000 Eisenbahnerwohnungen leer stehen". Ottenschläger schimpft über "künstliche Verknappung" und "Misswirtschaft".
Tatsächlich steht rund ein Drittel der auf 539 Häuser in ganz Österreich verteilten ÖBB-Wohnungen – in zugegeben teilweise nicht sonderlich attraktiven Lagen – seit etlichen Jahren leer. Die rund 2000 Wohnungen seien aktuell nicht vermietet, "da sie in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand sind. Erste Arbeiten haben bereits begonnen", bestätigt eine ÖBB-Sprecherin.
Über die Eisenbahner-Wohnungen wurde intern jahrelang gestritten. Das Management, auch Kern, wollte die Immobilien loswerden. Wohnungen gehören kaum zum Kerngeschäft einer Bahn. Der Betriebsrat war jedoch strikt dagegen. Denn wer in die günstigen Bleiben einziehen kann, darüber entscheidet nicht das Management, sondern laut Betriebsvereinbarung immer noch die Belegschaftsvertretung.
Der Betriebsrat blockierte nicht nur die Verkaufspläne, sondern auch alle Mieterhöhungen. Die Idee, die Wohnungen, die genau genommen der Infrastruktur-Gesellschaft der ÖBB gehören, in eine Stiftung einzubringen und damit jedem direkten Zugriff der Bahn zu entziehen, scheiterte in letzter Sekunde am Widerstand der ÖVP.
Im Sommer schloss Kern-Nachfolger Andreas Matthä daher eine Betriebsvereinbarung für ein neues Wohnprogramm ab. Die Realitäten bleiben im Eigentum der Bahn und werden saniert. In den nächsten Jahren würden die ÖBB über 10.000 neue Mitarbeiter anstellen, eine leistbare Wohnung sei im Wettbewerb am Arbeitsmarkt ein wichtiger Punkt, heißt es bei den ÖBB.
Marktüblich bei einem größeren Wohnungsbestand sei allerdings ein Leerstand von nur rund drei Prozent, argumentiert Ottenschläger. Er zitiert weitere Beispiele. "Es ist eine besondere Ironie, dass gerade die SPÖ mit einem sozialistischen Mietrecht Abgaben für leer stehende Wohnungen fördert – für die sie etwa auch bei der Gemeinde Wien oder beim Bundesheer selbst verantwortlich ist."
Der Rechnungshof kritisierte heuer die Wohnungsbewirtschaftung des Verteidigungsministeriums. Teilweise standen Wohnungen bis zu 17 Jahre leer. 2014 hatte sich der Leerstand (288 von 2213 Wohnungen) gegenüber 2006 anteilsmäßig auf 13 Prozent verdoppelt, monierten die Prüfer.
Zwischen der Stadt Wien und der Rathaus-ÖVP tobte im Frühjahr ein heftiger Zwist über die tatsächliche Zahl an nicht vermieteten Gemeindewohnungen. Die Schwarzen warfen Wiener Wohnen vor, 20.000 Einheiten (zehn Prozent) würden leer stehen. Stimmt nicht, kontert Wiener Wohnen. Dass SPÖ-Stadtrat Michael Ludwig selbst einen Leerstand von 6000 Wohnungen nannte, beziehe sich auf Wohnungen, die saniert und nur temporär nicht vermietet würden.
Foto: /Kurier Zurück zu den ÖBB. Im Betriebsrats-Magazin railchat wird die Wiedereröffnung der Ferienanlage Pritzschitz, direkt am Ufer des Wörther Sees, gefeiert. Jahrelang seien die Wohlfahrtseinrichtungen sträflich vernachlässigt worden. Damit sei Schluss, ein Beirat aus Betriebsräten und Management erarbeitete ein Maßnahmenpaket für alle Wohlfahrtseinrichtungen.
Die 50-Betten-Anlage wurde nach drei Jahren wieder für die ÖBBler aufgesperrt. Die Bahn ließ sich die Sanierung 550.000 Euro kosten. Vier Personen zahlen (einkommensabhängig) in der Hauptsaison für einen Bungalow 86 bis 114 Euro pro Tag.
Man habe die Anlage auf eine anderweitige Verwertung geprüft, das Ergebnis war negativ. Daher wurde die Reaktivierung als Feriendestination beschlossen, erklären die ÖBB dazu. Eine andere Nutzung sei auf Grund der Flächenwidmung nicht möglich. Für die Anlage, die direkt neben den Geleisen liege, gelte das Eisenbahnrecht. Am Wörthersee fährt die Bahn freilich auch knapp an Privatquartieren vorbei.