Der chinesische Autoriese Great Wall Motors Company (GWM) hat in Österreich eine Tochtergesellschaft gegründet. Das Unternehmen mit insgesamt 80.000 Mitarbeitern errichtet in Kottingbrunn in Niederösterreich ein Forschungs- und Entwicklungszentrum. Dort sollen bis zu 100 Menschen Arbeit finden, sagte GWM-Österreich-Chef Markus Schermann am Dienstag auf APA-Anfrage.
Österreich sei aus mehreren Gründen als Standort für die erste F&E-Einrichtung von GWM außerhalb Chinas ausgewählt worden, so Schermann. In Österreich gebe es eine große Kfz-Zulieferindustrie und ein hohes Bildungsniveau. Zugleich liege das Land in der Mitte Europas und ganz nahe am deutschen Markt mit den dortigen großen Autobauern. Weiters gebe es in der nahen Slowakei viele Autowerke. "Es sind viele positive Faktoren, die zusammentreffen", sagte Schermann. "Aus der (chinesischen, Anm.) Distanz ist die Entscheidung sehr schlüssig."
Investiert werde eine tiefere zweistellige Millionensumme, so Schermann. Einige Parameter in der Investitionssumme seien noch offen. So sei beispielsweise noch nicht entschieden, ob in Kottingbrunn selbst gebaut oder gemietet werde.
Produziert wird in Österreich nicht werden. "Unsere Produkte sind geistiger Natur", so Schermann. GWM habe "sehr viele Elektro- und Hybridfahrzeuge der nächsten und übernächsten Generation in der Pipeline". Hierfür gehe es unter anderem um die Entwicklung von Antrieben, E-Motoren, Getrieben.
"Fokus von GWM Austria ist die Entwicklung der Antriebskomponenten wie Elektromotor, Leistungselektronik und Software." Es gehe auch um zukünftige Technologien, über die man noch nicht reden könne - "jedenfalls eine breite Front, die man bedienen muss. Der Markt wächst ja gewaltig", so der hiesige GWM-Chef, der sich auf Bewerbungen von "Spitzenarbeitskräften, Diplomingenieuren" freut. Zudem sind Headhunter unterwegs. "Great Wall ist in Europa zwar noch recht unbekannt, aber die E-Mobilität hat doch eine Strahlkraft."
Mit der neuen Premiummarke SUV-Marke Wey hat GWM in Europa große Pläne. Wey will in drei bis vier Jahren auf den wichtigen Automärkten in Europa und USA vertreten sein. "Wir wollen bis zum Jahr 2020 rund 400.000 Autos verkaufen", sagte der deutsche Wey-Vorstandschef Jens Steingräber kürzlich auf der IAA in Frankfurt. Auch in Österreich könnten Wey-SUVs auf den Markt kommen, so Schermann. Bis wann ließ er aber offen. Er betonte, dass derzeit der asiatische Markt derart stark wachse - China hat ja auch eine E-Auto-Quote eingeführt - dass man erst einmal "Luft" brauche, um nach Europa zu kommen.
Die Austro-Tochter ist nicht über eine europäische Zweigniederlassung gegründet worden, sondern direkt über die chinesische Mutter, hieß es am Dienstag von der Kanzlei Wolf Theiss, die GWM in Österreich berät.
GWM wurde 1976 gegründet und hat seinen Sitz in Baoding in der chinesischen Provinz Hebei, die die Hauptstadt Peking umschließt. Name und Marke stehen für die Chinesische Mauer. Neben Wey gehören auch die Marken Haval und Great Wall zu GWM. Als erster chinesischer Hersteller eröffnete die Firma im Jahr 2012 eine Montagefabrik in Europa, konkret in Lowetsch in Bulgarien. Laut Wolf Theiss hat GWM weltweit mehr als 30 Holding-Gesellschaften.