In den USA hat die Notenbankchefin Janet Yellen vergangene Woche endgültig einen Strich unter die Sondermaßnahmen der US-Zentralbank Fed nach der Finanzkrise gezogen. Ab Oktober wird sie ihre Bilanzsumme, die durch Anleihekäufe von 900 Mrd. auf unvorstellbare 4500 Mrd. Dollar angeschwollen ist, kontinuierlich verringern. Durch eine moderate Steigerung der Verkäufe sollen die Finanzmärkte nicht signifikant gestört werden und den Marktteilnehmern Klarheit über den weiteren Pfad der US-Notenbank gegeben werden. Dies geschieht auch durch die Ankündigung der Fed, in diesem Jahr noch eine Leitzinsanhebung und 2018 drei weitere Zinsschritte folgen zu lassen. Der Zinsweg am US-Geldmarkt geht eindeutig in Richtung Normalisierung mit langfristig 2,5 bis 3 Prozent.
Davon kann der heimische Sparer nur träumen. Denn die geldpolitische Richtung der Europäischen Zentralbank EZB ist bei weitem noch nicht so weit und sie ist vor allem unklar. Im Gegensatz zur präzisen Auskunft der Fed hat die EZB noch immer keine Anhaltspunkte für den Ausstieg aus ihrem Anleihekaufprogramm genannt. Offiziell läuft es bis Dezember 2017.
Mit dieser Maßnahme will die EZB die Liquidität im Bankensektor steigern, um für erhöhte und billige Kreditgewährung zu sorgen. Damit soll indirekt auch die Inflation angehoben werden. Und im Prinzip hat die EZB diese Ziele auch erreicht. Denn die Kreditgewährung an den privaten Sektor hat ein Wachstum von 3 Prozent p.a. erreicht und auch die Inflationsrate ist mit 1,5 Prozent "unter, aber nahe der 2 Prozent Marke" dem Ziel nahe.
Trotzdem will die EZB konkrete Aussagen zur Reduktion des Anleihekaufprogramms noch nicht machen. Der Verdacht liegt nahe, dass große Uneinigkeit innerhalb der EZB besteht, wie es konkret weitergeht. Eine Tendenz besteht allerdings schon, sich vom Ankaufprogramm nur langsam zu verabschieden. Die EZB dürfte sich länger Zeit lassen als ursprünglich gedacht. Das heißt aber auch, dass die danach folgenden Zinsanhebungen in der Eurozone später erfolgen. Aus heutiger Sicht nicht vor 2019.
Wie alle wissen, herrscht bei uns ein Nullzinsniveau für private Sparer. Ohne eine Veränderung der Leitzinsen wird sich jedoch bei Spareinlagen bis in die erste Jahreshälfte 2019(!) nichts Nennenswertes ändern. Sucht man nach ertragreicheren Anlagen, so könnte hier die US-Zinspolitik den Anlegern bei 5 bis 10-jährigen Anleihen zu Hilfe kommen. Höhere Anleiherenditen in den USA lassen in der Regel auch in Europa die langfristigen Kapitalmarktzinsen im Jahresverlauf 2018 ansteigen.
Wermutstropfen: Der Renditeanstieg dürfte selbst bei einer österreichischen 10-jährigen Staatsanleihe unter der Inflationsrate von 2 Prozent bleiben. Und auch bei Unternehmensanleihen zeichnen sich nicht viel höhere Erträge ab. Bleibt dem risikobewussten Anleger wohl doch nicht die Beschäftigung mit Aktien erspart. Da liefern die heimischen Unternehmen wahrscheinlich bis 2018 ein attraktives Umfeld. Ein Blick auf den ATX lohnt sich.
Peter Brezinschek ist Leiter von Raiffeisen Research, der Volkswirtschafts- und Finanzmarktabteilung der Raiffeisen Bankengruppe in Österreich und CEE.