Ein lauter Gong hallt durch den großen Barocksaal der Orangerie im Schloss Schönbrunn. Das internationale Publikum im imperialen Ambiente hält kurz inne. Es werden Hände geschüttelt und Freundlichkeiten ausgetauscht bevor es dann ums Geschäft geht. Maximal 30 Minuten dauert der Versuch einer Geschäftsanbahnung. Bis dann wieder der Gong ertönt und der Reigen von neuem beginnt.
Dort wo einst Orangen- und Zitronenbäume vor dem Frost geschützt wurden und der Wiener Kongress rauschende Feste feierte, regierte am Dienstag dieser Woche allein der Geschäftssinn. Im Halb-Stunden-Takt verhandelten an die 100 heimische Winzer im Vier-Augen-Gespräch mit ebensovielen Weinhändlern aus aller Welt. Die Termine waren bei einer Verkostung am Vortag ausgemacht worden.
Foto: /Anzenberger Andreas Allein 13 Einkäufer aus China waren für die Vinexpo Explorer nach Wien gereist. Dazu mehrere Weinhändler aus Thailand, Russland , den USA und Singapur. Auch Kanada, Malaysia, Südkorea, Brasilien und Kasachstan waren vertreten.
Die Geschäftsführerin vom Weingut Pfaffl, Heidemarie Fischer (Bild) , weiß das zu schätzen. Die hohe Konzentration von Weinhändlern, die nur wegen österreichischem Wein angereist sind, ermöglicht intensive persönliche Kontakte ohne Reisen ins Ausland.
"Eine solche Veranstaltung direkt vor der Haustür ist ein Vorteil", lautet der Kurzkommentars Fischers. Zumal das Weingut aus Stetten im Weinviertel mit einer hohen Exportquote von 60 Prozent schon bisher stark auf Kundschaft im Ausland gesetzt hat.
Im vergangenen Jahr wurde Pfaffl vom US-Weinmagazin Wine Enthusiast zur "Winery of the Year" gekürt. Das hat zu einem deutlichen Anstieg der Bestellungen geführt. Nachgefragt wird vor allem Grüner Veltliner. Mit dieser Rebsorte wird Weißwein aus Österreich auch in erster Linie identifiziert.
Die Weinhändler aus Asien interessieren sich aber immer stärker auch für Rotweine aus Österreich. Das gilt insbesondere für Einkäufer aus China. Axel Stiegelmar vom Weingut Juris aus Gols (Burgenland) kann die Nachfrage aus Asien bestätigen. Sein breites Lächeln versprüht bereits nach dem ersten Gesprächstermin Zufriedenheit.
"Ich habe meinen ersten Abschluss mit einem Händler aus Thailand gemacht. Das ist ein neuer Markt für mich", freut sich Stiegelmar.
Ein sofortiger Geschäftsabschluss ist allerdings nicht die Regel. Bei den meisten Winzern heißt es, es schaut gut aus, wir werden sehen.
Insgesamt dominieren bei den Exporten österreichischer Rebensäfte nach wie vor Weißweine. Der Exportwert der weißen Qualitätsweine war im Jahr 2016 doppelt so hoch wie der Exportwert der Roten.
Interessant für die heimische Weinwirtschaft sind insbesondere Händler aus Regionen, die bisher noch nicht beliefert wurden. Es geht um das Schließen "der weißen Flecken auf der Export-Weinlandkarte", wie es Martin Nigl vom gleichnamigen Weingut in Senftenberg (Niederösterreich) formuliert. Auf seinem persönlichen Tagesprogramms stehen noch Termine mit Weinhändlern aus China und Vietnam. Nigl liefert auch nach Kenia.
Ein ähnliches Tagesprogramm hat auch Rudolf Rabl. Das Weingut aus Langenlois exportiert bereits in 30 Länder. Es können natürlich noch mehr werden. Wobei persönliche Bekanntschaften durchaus von Vorteil sein können. Sein zweiter Tagestermin, ein Gespräch mit einem Einkäufer aus den USA, sei "sehr vielversprechend" verlaufen, freut sich Rabl. Wobei seine Freundschaft mit dem in der Stiermark geborenen US-Starkoch Wolfgang Puck beim Export nach Übersee sicher kein Nachteil ist.
Seit dem Glykol-Weinskandal 1985 setzt die heimische Weinwirtschaft auf eine Qualitätsstrategie. Das hat für höhere Einnahmen gesorgt. die Vor etwa 15 Jahren wurden zwischen 70 und 80 Millionen Liter Wein exportiert. Dafür gab es knapp über 80 Millionen Euro Einnahmen. Im Vorjahr wurden nur mehr 49 Millionen Liter Wein exportiert. Der Verkaufserlös ist trotzdem auf 148 Millionen Euro angestiegen.
Die Kunden im Ausland sind bereit, deutlich mehr für eine Flasche Wein aus Österreich zu bezahlen als früher. Das gilt insbesondere für Exportmärkte wie China, Japan oder Hongkong. Die Verkaufspreise sind dort um drei bis vier Euro pro Liter höher als der Durchschnittspreis der gesamten Weinexporte.
Ein Problem sind allerdings die geringen Mengen. Vor allem wenn wie im Vorjahr durch Spätfrost ein Teil der Ernte vernichtet wurde. Es ist dann nur schwer möglich die Marktanteile im Ausland zu halten oder nach einer besseren Ernte wieder zurückzuerobern.
In der Steiermark wird nach massiven Ernteeinbußen 2016 heuer ein gutes Weinjahr erwartet. Der Präsident vom Steirischen Weinbauverband meint: „Nun könne man durchatmen “.
Heuer hat es indes Frankreich ziemlich stark erwischt. Dort wird aktuell mit einer historisch schlechten Weinernte gerechnet. Der Ertrag soll um 18 Prozent sinken – quer über alle Regionen hinweg.
Obwohl der Spätfrost Mitte April und die steigende Zahl der Hitzetage den österreichischen Winzern Kopfzerbrechen bereitet haben, wird für dieses Jahr eine moderate Weinmenge mit guter Qualität erwartet.
Schätzungen zufolge sollen dieses Jahr 2,3 Millionen Hektoliter Wein geerntet werden, davon werden 1,07 Millionen Hektoliter zu Weißwein und 358.640 Hektoliter zu Rot- und Rosewein verarbeitet werden. Beim Rotwein erwartet sich Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager einen qualitätsmäßig sehr guten Jahrgang. Der Weißwein könnte wegen des Temperaturanstiegs etwas an Spritzigkeit verlieren.
Im Vorjahr hat ein starker Spätfrost die Weinmenge reduziert, damals konnten nur zwei Milliarden Hektoliter Wein geerntet werden. Auch in diesem Jahr haben Hagelunwetter schwere Schäden verursacht, diese sind aber nur punktuell auf einige Regionen begrenzt.
Zu wenig WasserAufgrund der Trockenheit im Hochsommer werden Bewässerungsanlagen für den Weinbau vermehrt eingesetzt, um Ernteausfälle zu verhindern. Derzeit hat nur jeder Zehnte Weinbauer eine Bewässerungsanlage. Besonders im Hochsommer wird es allerdings schwer die nötigen Wassermengen bereit zu stellen.
Bei der diesjährigen Weinernte sollen erstmals Flüchtlinge als Erntehelfer arbeiten. 32 Asylwerber wurden bisher durch das AMS an die Winzer vermittelt.