Es war eine außerordentliche Gelegenheit für den ORF. Im Vorfeld des Wien-Besuchs des russischen Präsidenten am Dienstag durfte ZiB2-"Anchor" Armin Wolf Wladimir Putin im Kreml ganze 52 Minuten lang interviewen. Der russische Präsident sei ein "ungewöhnlich schwieriger Gesprächspartner", twitterte Wolf im Anschluss an das Gespräch.
Wolf konfrontierte Putin mit praktisch allen für Russland heiklen Themen, erfuhr dabei aber kaum Neues. Der russische Präsident antwortete ausweichend, dementierte alle Vorwürfe und verbat sich vehement, unterbrochen zu werden. Insgesamt zwölf Mal forderte Putin Wolf auf, ihn ausreden zu lassen, einmal sogar auf Deutsch: "Seien Sie bitte so nett, lassen Sie mich etwas sagen." Dass er darunter eine Art Majestätsbeleidigung versteht, zeigte sich, als das Gespräch um die Krim kreiste. "Sie haben mich übrigens schon wieder unterbrochen", sagte Putin. "Hätten Sie mich ausreden lassen, würden Sie verstehen, worum es geht. Ich werde also trotzdem zu Ende sprechen."
Manchmal drehte Putin auch den Spieß um und versuchte Wolf in die Defensive zu drängen. Als es etwa um Ereignisse in der Ukraine im Jahr 2014 ging. Putin fragte Wolf, ob es sich dabei nicht um "einen verfassungswidrige(n), bewaffnete(n) Staatsstreich und Machtergreifung" gehandelt habe. Wolf antwortete, dass er kein ukrainischer Verfassungsexperte sei. Putin erwiderte: "Ah, Sie wollen ausweichen."
Manche von Putins Antworten waren nicht frei von Spott. So bezeichnete er den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny - ohne ihn namentlich zu nennen - als "Clown". Auf die Frage Wolfs, ob er nach seiner Amtszeit als Präsident noch einmal Premierminister werden wolle, oder sich aus der Politik zurückziehe, antwortete Putin mit einer Gegenfrage: "Was hätten Sie denn gerne?"
Wolf beendete das Interview mit einer ungewöhnlichen Frage: Er wollte wissen, warum sich Putin auf vielen Bildern mit freiem Oberkörper zeige. Welche Botschaft solle damit ausgesendet werden? Putins Antwort: "Sie haben gesagt, mit halbnacktem Körper, zum Glück nicht ganz nackt! Wenn ich Urlaub mache, halte ich es nicht für nötig, mich hinter den Büschen zu verstecken. Darin sehe ich überhaupt nichts Schlechtes!"
"Ich war angespannt konzentriert", schrieb Wolf nach dem Interview im Kurznachrichtendienst Twitter. Ob das Interview gelungen sei, müssten die Seher entscheiden. Er selbst sei "in 33 Jahren erst mit einem Interview zufrieden" gewesen und glaube nicht, dass das Putin-Interview das zweite sein werde.