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EU verbietet Strohhalme

1-01-1970, 00:00

Die EU-Kommission hat am Montag ein breites Plastikverbot vorgeschlagen. Es geht um zehn Einwegprodukte, die 70 Prozent aller Abfälle im Meer verursachen. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, erklärte, Plastikmüll lande letztlich in der Luft, im Boden, in den Ozeanen, den Nahrungsmitteln und auch in menschlichen Körpern.

Konkret soll es ein Verbot von Kunststoffen geben, wenn erschwingliche Alternativen zur Verfügung stehen. Das Vermarktungsverbot soll demnach für Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Luftballonstäbchen aus Kunststoff gelten, die vollständig aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt werden müssen. Einweg-Getränkebehälter, die Kunststoff enthalten, werden nur dann zugelassen, wenn ihre Deckel und Verschlüsse an ihnen befestigt sind. Es sei wesentlich, "dass wir in unseren Supermärkten weniger Einwegplastik vorfinden. Wir werden einige dieser Artikel aus den Regalen verbannen und sie durch sauberere Alternativen ersetzen", betonte Timmermans.

Gilt für eine Reihe von Plastik-Produkten

Die Staaten sollen dafür sorgen, dass weniger Lebensmittelverpackungen und Getränkebecher aus Kunststoff verwendet werden. Die Hersteller werden zur Deckung der Kosten für die Abfallbewirtschaftung und die Säuberung der Umwelt sowie für Sensibilisierungsmaßnahmen herangezogen. Dies gilt für Plastikprodukte wie Behälter, Becher und Folienverpackungen für Lebensmittel, Getränkeflaschen, Tabakerzeugnisse mit Filtern wie Zigarettenstummel, Feuchttücher oder leichte Kunststofftragetaschen.
 
Als Zielvorgabe für die Sammlung werden die EU-Staaten verpflichtet, bei Einweg-Getränkeflaschen aus Plastik bis 2025 eine Sammelquote von 90 Prozent zu erreichen, zum Beispiel durch Pfandsysteme.
 
Timmermanns erklärte, Luftballons selbst würden nicht verboten, aber die Plastikstäbchen, auf denen sie aufgebracht sind. Für Fischfanggeräte, auf die 27 Prozent der gesamten Strandabfälle entfallen, beabsichtigt die Kommission, den bestehenden politischen Rahmen durch Systeme der Herstellerverantwortung für Fanggeräte mit Kunststoffanteil zu ergänzen. So werden Hersteller solcher Fanggeräte die Kosten für das Einsammeln der Abfälle aus den Hafenauffangeinrichtungen sowie den Transport und die Weiterverarbeitung dieser Abfälle übernehmen müssen.

Kunststoffe verantwortungsbewusster eingesetzt werden

Der Vizepräsident der EU-Kommission Jyrki Katainen, erklärte, Kunststoffe seien zwar sehr praktisch, aber sie müssten verantwortungsbewusster eingesetzt werden. Einwegplastik sei keine wirtschaftlich oder ökologisch intelligente Lösung. Weltweit würden Kunststoffe 85 Prozent der Meeresabfälle ausmachen. Deswegen müsse das Plastikproblem angegangen werden, betonten Timmermans und Katainen. Sie setzen auch auf eine Änderung des Konsumverhaltens Plastik betreffend.
 
Timmermans bezifferte den Nutzen für die Konsumenten durch die Plastikeinschränkung mit 6,5 Milliarden Euro. Natürlich werde die Kunststoffreduktion einiges kosten, doch sei dies weniger als die Vorteile ausmachten. Heute würden Strände von der öffentlichen Hand und von Freiwilligen gesäubert. Jene, die den Plastikmüll verursachen, würden keine Verantwortung übernehmen. Dies müsse sich ändern.
 
Das österreichische Umweltministerium steht dem geplanten Verbot von Plastik "relativ positiv gegenüber", sofern es gute Alternativen für die betroffenen Produkte gibt, sagte Daniel Kosak, Sprecher von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), der APA. Den in der Diskussion eingebrachten Vorschlag für eine etwaige Steuer auf Plastik lehnt das Umweltministerium aber ab.

Kritik von Kunststoffindustrie

Kritik an dem EU-Richtlinien-Vorschlag zum Verbot von bestimmten Plastikprodukten kam vom Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs. Die Richtlinie schieße "am Ziel vorbei", sagte Helmut Schwarzl, Obmann der Berufsgruppe Kunststoffindustrie, am Montag.
 
Zielführender als Verbote von Kunststoffprodukten für die Bekämpfung des Litterproblems sei vielmehr, das Bewusstsein der Menschen für einen schonenden Umgang mit Ressourcen aller Art zu schärfen. "Bei Verboten von bestimmten Produkten wird das Problem von Kunststoff nur zu anderen Materialien verlagert, die dann am Strand gefunden werden. Litter sollte auf jeden Fall vermieden werden, egal ob aus Kunststoff, Aluminium, Glas oder Papier", meinte Schwarzl.

Für Handelsverband "grundsätzlich positiv"

"Angesichts wachsender Müllberge ist es ein Gebot der Stunde, nicht abbaubare Kunststoffprodukte und -verpackungen zu reduzieren", so der Handelsverband am Montag. Für die verbotenen Produkte müsse es aber umweltfreundliche und günstige Alternativen geben. Die Unternehmen bräuchten zudem Planungssicherheit und es dürften keine internationalen Wettbewerbsnachteile entstehen.
 
"Wir müssen nach sinnvollen, nachhaltigen Lösungen suchen", meinte auch Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher zur APA. Hier sei insbesondere die Verpackungsindustrie gefordert. Er wies aber auch darauf hin, dass Plastikverpackungen ein Hygienefaktor und oft unvermeidbar seien.
 
Weiterhin wünschenswert ist für EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger auch eine Plastik-Steuer. Diese sieht einen Beitrag von 80 Cent pro Kilogramm unrecyceltem Plastikmüll vor. Das Umweltministerium lehnt dieses Vorhaben ab, auch Handelssparten-Vizegeschäftsführer Roman Seeliger von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) hält davon nichts. "Wir sind gegen diese 80 Cent", so Seeliger. Das Plastik in den Meeren stamme nicht aus Österreich, sondern aus Ländern, in denen es kein Deponieverbot gibt und die Müllentsorgung nicht funktioniert, betonte er.
 
"Eine Kunststoffabgabe würde die europäische Kunststoffindustrie schwächen und die Wettbewerbsposition gerade der größten Verschmutzer stärken", meinte auch der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). "Eine Abgabe auf nicht recycelte Kunststoffabfälle, wie sie derzeit im Raum steht, sehen wir als reine Geldbeschaffungsmaßnahme, um das Budgetloch nach dem Brexit zu stopfen", so Helmut Schwarzl, Obmann der Berufsgruppe Kunststoffindustrie.
 
Die vorgelegte Richtlinie ist zunächst nur ein Vorschlag. Dieser muss nun mit den EU-Staaten und dem EU-Parlament verhandelt werden. Die Verabschiedung und Umsetzung dürften Jahre dauern.
 
 
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