In der Affäre um unrechtmäßige Asylbescheide bei der Bremer Außenstelle des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat die SPD die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Aufklärung aufgefordert. "Die Kanzlerin muss jetzt endlich dafür sorgen, dass aufgeklärt wird - und sie muss endlich selbst aufklären", sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner.
Stegner warf Merkel in der Zeitung "Die Welt" vom Montag vor, sie drücke "sich vor ihrer eigenen Verantwortung". Merkel "schweigt, tut nichts und will den Kontrollverlust im Bamf aussitzen", kritisierte Stegner. Er verwies darauf, dass Merkel die Zuständigkeit für die Flüchtlingspolitik eigens ins Kanzleramt geholt habe.
Die politische Verantwortung für die Affäre liege bei der Union, sagte Stegner weiter, da diese seit 13 Jahren das Innenministerium führe. Die Bundeskanzlerin versuche, "sich einen schlanken Fuß zu machen" und alle Verantwortung auf Innenminister Horst Seehofer (CSU) zu schieben.
Bamf-Personalratschef Rudolf Scheinost erhob unterdessen Vorwürfe gegen Ex-Bamf-Leiter Frank-Jürgen Weise. Unter dessen Leitung sei die Behörde "auf marktwirtschaftliche Benchmarks getrimmt" worden, sagte Scheinost den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Montag. "Über das Grundrecht auf Asyl wurde wie am Fließband entschieden", kritisierte er. "Mit den vielen Gerichtsurteilen gegen Bamf-Entscheidungen sowie den Pannen, Fehlern und Unregelmäßigkeiten bei den Außenstellen" werde jetzt "die Rechnung für diese Behördenpolitik" gezahlt. Er forderte, die Asylverfahren wieder zu "entschleunigen".
Weise verteidigte sein Vorgehen: Die "Unregelmäßigkeiten" in der Dienststelle in Bremen seien "im Kern auf persönliches Fehlverhalten" zurückzuführen, teilte Weise den Funke-Zeitungen mit. Im Fall Bremen seien die unrechtmäßigen Asylbescheide "wohl auf falsch verstandene Humanität" zurückzuführen. Solche Fehler hätten "auch ohne Umbau der Behörde und Ansturm passieren können".
Im April war bekannt geworden, dass die Bremer Bamf-Außenstelle in mindestens 1200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll. Seehofer und Bamf-Chefin Jutta Cordt sollen am Dienstag vor dem Bundestagsinnenausschuss zu den Vorgängen Stellung nehmen.