Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Deutschland hat in der Bremer Affäre um unrechtmäßige Asylbescheide deutlich früher als bisher bekannt von möglichen Unregelmäßigkeiten gewusst. Interne E-Mails zeigten, dass die BAMF-Zentrale schon früh von fragwürdigen Vorgängen wusste, diese aber allenfalls schleppend und offenbar nur widerwillig aufklären wollte, wie Medien meldeten.
Ein BAMF-Sprecher bestätigte die Existenz der E-Mails, bestritt aber, dass die Behördenleitung davon wusste. Den Berichten von NDR, "Süddeutsche Zeitung" und dem "Spiegel" zufolge ist der zuständige Abteilungsleiter wegen möglicher Unregelmäßigkeiten in den Bremer Asylverfahren angeschrieben worden. Er habe im Februar 2017 zwar eine Prüfung angeordnet, zugleich aber verfügt, dass diese "geräuschlos" geschehen solle. Er wolle nicht, heiße es in seiner E-Mail, "dass alles bis ins Detail geprüft wird".
Behördenleitung habe diesen Mailverkehr nicht erhalten
Ein BAMF-Sprecher erklärte, die Behördenleitung habe diesen Mailverkehr nicht erhalten. Dabei bestätigte er die Forderung, es solle "geräuschlos" geprüft werden. Dies habe aber die Zielsetzung gehabt, die Verfahren zunächst intern zu sichten. Die Prüfung der Hinweise sei nach der ersten Durchsicht dann unverzüglich eingeleitet worden; soweit erforderlich seien die Bescheide aufgehoben worden.
Gegenüber dem Innenausschuss des Deutschen Bundestags hatte die BAMF-Präsidentin Jutta Cordt kürzlich einen Überblick über die Abläufe der internen Untersuchungen gegeben. Den Vorgang im Februar 2017 habe sie gegenüber den Abgeordneten aber nicht erwähnt, heißt es in dem Bericht. Doch schon 2016 habe es Warnungen an das Bundesamt gegeben, dass es bei den Asylbescheiden aus Bremen möglicherweise nicht mit rechten Dingen zugehe. Der interne E-Mail-Verkehr vom Februar 2017 belege nun, wie Mitarbeiter des Bundesamts mit dem Verdacht umgegangen seien.
Das Bundesamt erklärte dazu, dass Cordt im Innenausschuss angegeben habe, im Oktober vergangenen Jahres über den Verdacht einer Urkundenfälschung in der Außenstelle informiert worden zu sein und dass bereits am folgenden Tag die Innenrevision mit der Prüfung beauftragt worden sei.
Vertrauen in die Nürnberger Behörde auf einem Tiefstand
Inzwischen ist das Vertrauen in die Nürnberger Behörde einer Umfrage zufolge auf einem Tiefstand. Fast 80 Prozent der Befragten gaben in einer von der Zeitung "Die Welt" veröffentlichten repräsentativen Civey-Umfrage an, "eher geringes oder sogar nur "sehr geringes" Vertrauen in die Vergabepraxis von Asylbescheiden durch das BAMF zu haben. Bei nur 8,9 Prozent sei das Vertrauen "sehr groß" oder "eher groß".
Im April war bekannt geworden, dass die frühere Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle in 1.200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll. Gegen sie und fünf weitere Beschuldigte wird deshalb ermittelt.
Der Skandal könnte womöglich auch ein parlamentarisches Nachspiel bekommen, im Raum steht ein Bundestagsuntersuchungsausschuss. FDP-Chef Christian Lindner warb in der "Bild am Sonntag" bei den Grünen um Unterstützung des Ausschusses, für den ein Viertel der 709 Bundestagsabgeordneten stimmen müssen. "Wir würden sie gerne einbinden."
Wie die Zeitung weiter berichtet, werden zudem dreizehn weitere Außenstellen geprüft. Diese seien aufgefallen, weil es dort bei der Bearbeitung von Asylanträgen im Vergleich zu anderen Dienststellen Abweichungen "nach oben oder unten" gegeben habe. Insgesamt sollten 8.000 Anträge noch einmal überprüft werden.