Die Verhandlungen über die Regierungsbildung in Italien sind in die Endphase getreten. Die rechte Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung einigten sich auf einen Regierungschef und auf die Ministerliste, teilte Lega-Chef Matteo Salvini am Sonntag mit.
Salvini betonte, sowohl er als auch Fünf Sterne-Chef Luigi Di Maio hätten auf das Premieramt verzichtet. Der neue Regierungschef sei eine "ausgewogene Person", mit der sowohl die Lega als auch die Fünf Sterne-Bewegung einverstanden seien, sagte Salvini, ohne einen Namen zu nennen. Der Name des Regierungschefs und die Ministerliste sollen Präsidenten Sergio Mattarella am Montag vorgelegt werden. Der Präsident muss dann entscheiden, ob er den Regierungsauftrag erteilt.
Die Anhänger der Lega waren an diesem Wochenende aufgerufen, das Koalitionsabkommen ihrer Partei mit der Fünf-Sterne-Bewegung abzusegnen. Auf 1.000 Plätzen in italienischen Städten wurden Stände für die Befragung unter den Anhängern aufgestellt, die bis Sonntagabend laufen wird. Teilnehmen kann jeder, der zu den Ständen der Partei kommt. Der Andrang sei höher als erwartet, berichtete die Lega. Die Fünf-Sterne-Aktivisten hatten bereits bei einer Online-Befragung am Freitag mit 94 Prozent der Stimmen den Koalitionsvertrag abgesegnet.
60 Prozent der Italiener sind für die neue Regierung, die aus der Allianz aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega entstehen soll, geht aus einer am Sonntag von der Tageszeitung "La Repubblica" veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "Demos" hervor. Laut der Umfrage halten lediglich 25 Prozent Neuwahlen für den richtigen Weg, um einen Ausweg aus dem politischen Stillstand nach den Parlamentswahlen am 4. März zu finden.
Der Gründer der Fünf-Sterne-Bewegung, Beppe Grillo, vertraut der Solidität der Allianz zwischen seiner Gruppierung und der Lega. "Wir haben ein Wunder vollbracht", erklärte Grillo laut der Tageszeitung "Secolo XIX" (Sonntagsausgabe). Die Allianz mit der Lega werde halten, versicherte Grillo. "Ihre jungen Anhänger sind unseren ähnlich", sagte der Genueser Komiker. Seine Bewegung habe bei den Wahlen die Sozialdemokraten und die Forza Italia um Ex-Premier Silvio Berlusconi versenkt.
Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire zeigt sich indes über die Aussicht einer Regierung aus Lega und Fünf Sterne-Bewegung besorgt. Er warnte vor Gefahren für die Stabilität der Eurozone, sollte sich die neue Regierung in Rom nicht an die Defizitregeln halten.
"Wenn die neue Regierung das Risiko eingeht, die Verpflichtungen in Sachen Defizit, Verschuldung und Bankenkonsolidierung nicht zu respektieren, ist die Stabilität der gesamten Eurozone gefährdet", so Le Maire im Interview mit der französischen Tageszeitung "Le Figaro" (Sonntagsausgabe). "Jeder muss begreifen, dass die Zukunft Italiens in Europa ist. Daher gilt es, Regeln zu respektieren", so Le Maire.
Laut dem Koalitionsvertrag aus Lega und Fünf Sterne-Bewegung will sich die neue Regierung für einen Stopp der Bauarbeiten für die Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin-Lyon einsetzen. Dieses Projekt sei zu kostspielig und aufgrund der Verkehrsströme zwischen Italien und Frankreich nicht mehr notwendig, argumentiert die Fünf Sterne-Bewegung, die sich somit auf die Seite von Umweltaktivisten stellte. Das Vorhaben löste Sorge in Brüssel und in Paris aus.
Salvini zeigte sich unbekümmert. "Wenn man sich von uns erwartet, dass wir wie die letzten Regierungen in Rom handeln, täuscht man sich. Die Franzosen sollen sich um Frankreich kümmern und sich nicht in unsere Angelegenheiten einmischen. Endlich haben wir eine Regierung auf die Beine gebracht, die nicht per Fax von Brüssel, Berlin oder Paris bestellt wird", so der Lega-Chef.